14. Oktober 2021 Europabrief

GdW Europabrief 13/2021

Solvency II Richtlinienvorschläge und Mitteilung für Konsolidierung vorgelegt

Die Europäische Kommission hat am 22. September 2021 zwei Richtlinienvorschläge und eine Mitteilung vorgelegt, die darauf abzielen, die Aufsichtsvorschriften „Solvabilität II“ für den Versicherungs- und Rückversicherungssektor zu konsolidieren und langfristige Investitionen zu fördern.
Nach Angaben der EU-Institutionen führte die COVID-19-Pandemie dazu, dass der durchschnittliche Solvabilitätskoeffizient des Versicherungssektors um -7 % zurückging. Mit 235 % liegt er immer noch über der vorgeschriebenen Mindestschwelle von 100 %. Angesichts dieser Solvabilitätsquote ist die Europäische Kommission der Auffassung, dass die vorgeschlagene Überarbeitung es ermöglichen wird, kurzfristig bis zu 90 Mrd. EUR an Kapital freizusetzen. Damit sollen sich Versicherungsunternehmen besser an der wirtschaftlichen Erholung der COVID-19-Krise beteiligen können, die Kapitalmarktunion vorangebracht und Finanzmittel für den Green Deal bereitgestellt werden.
In der Mitteilung werden unter anderem folgende Maßnahmen vorgeschlagen:

  • die Änderung langfristiger Sicherheitsmaßnahmen, insbesondere die Volatilitätsanpassung;
  • die Überprüfung der Eigenkapitalanforderungen, um den Versicherern die Vorzugsbehandlung von Eigenkapitalinvestitionen zu erleichtern;
  • die Überarbeitung der Risikomarge, um ihre Größe und Volatilität zu verringern.

Um die aufsichtsrechtlichen Vorschriften verhältnismäßiger zu gestalten, schlägt die Europäische Kommission vor, die Schwellenwerte anzuheben, über die der Solvency II-Rahmen für Versicherungsunternehmen Anwendung findet. So sollen Unternehmen, deren jährliche Bruttoprämieneinnahmen unter 15 Mio. EUR liegen, nicht mehr betroffen sein.
Darüber hinaus sieht der Richtlinienvorschlag vor, eine bestimmte Kategorie kleinerer Versicherungsunternehmen zu schaffen, die von vereinfachten Vorschriften profitieren würden.
Die Überarbeitung der Vorschriften sollte auch das Klimaschutzrisikomanagement durch (Rück-)Versicherer stärken, indem gefordert wird, langfristige Klimaszenarien zu analysieren. Ferner wird die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) Klimastresstests durchführen. Bis spätestens 2023 wird sie über neue Erkenntnisse über umwelt- oder sozialschädliche Investitionen berichten müssen, um mögliche Änderungen des Aufsichtsrahmens „Solvabilität II“ zu ermöglichen.
Die Gesetzgebungsvorschläge werden nun im Europäischen Parlament und im Rat beraten. Bis zum 30. November 2021 besteht außerdem die Möglichkeit, Rückmeldungen zu dem angenommenen Rechtsakt abzugeben.

Özgür Dr. Özgür Öner 0032 2 5501611