14. Oktober 2021 Europabrief

GdW Europabrief 13/2021

EU-Kommission sieht keinen Änderungsbedarf bei der KMU-Definition

Die Europäische Kommission hat am 28. September 2021 die Ergebnisse einer Bewertung der KMU-Definition veröffentlicht. So kommt sie zum Schluss, dass die Ergebnisse der öffentlichen Konsultation aus 2018 sowie Studien und Datenerhebungen zeigen, dass die derzeitige Definition noch zwecktauglich ist und die angestrebten Ziele erreicht werden. Einen Anlass zur Überarbeitung der KMU-Definition sieht sie daher nicht.
Aus der Arbeitsunterlage der Kommission geht zwar hervor, dass Schwierigkeiten bei der Bewertung von Unternehmen mit komplizierten Eigentumsstrukturen auftreten, dass aber die meisten Probleme nicht direkt auf die Definition zurückzuführen sind.  
Unter der derzeitigen KMU-Definition ist ein Unternehmen kein KMU, wenn sich mindestens 25 % seines Kapitals oder seiner Stimmrechte unmittelbar oder mittelbar im Eigentum einer oder mehrerer öffentlicher Stellen oder Körperschaften des öffentlichen Rechts befinden und einzeln oder gemeinsam von ihnen kontrolliert werden. Der KMU-Status kann jedoch den Zugang von Unternehmen zu Finanzierungs- und Fördermaßnahmen in der EU und zu anderen Arten von Fördermaßnahmen erleichtern und unnötige Bürokratieanforderungen vermeiden. Für kommunale Wohnungsunternehmen in Deutschland bedeutet das aber, dass sie weiterhin nicht unter die KMU-Definition fallen und von europäischer KMU-Förderung ausgeschlossen sind. Und das, obwohl sie als privatwirtschaftliche Akteure handeln und sie keine Vorteile gegenüber der Privatwirtschaft genießen. Hinzu kommt, dass sie durch die Nichteinbeziehung Anforderungen unterliegen wie z.B. regelmäßige Berichtspflichten, von denen KMU grundsätzlich ausgenommen sind, um diese nicht zu überfordern.
Von den 750 öffentlichen Mitgliedsunternehmen des GdW erfüllen über 700 Wohnungsunternehmen die KMU-Kriterien, werden aber durch die Beteiligung der öffentlichen Hand mit mehr als 25 % an den Unternehmen nicht als solche anerkannt.
Der GdW hat 2015 ein Positionspapier zur KMU-Definition veröffentlicht und an mehreren Spitzengesprächen und Konsultationen zu diesem Thema teilgenommen. Darum ist die Entscheidung der EU-Kommission besonders bedauerlich, insbesondere vor dem Hintergrund der intensiven Vorarbeit seitens der EU-Kommission selber und den betroffenen verbandlichen Akteuren.
Ferner bestätigte die Europäische Kommission am 5. Oktober 2021, auf dem Treffen der nationalen KMU-Beauftragten – einschließlich des SMEunited-Beauftragten -, dass sie die Definition von KMU vorerst beibehalten werde.
Das Netzwerk der KMU-Beauftragten wurde 2011 im Rahmen der Überarbeitung des Small Business Act eingerichtet. Jedes EU-Land hat einen nationalen KMU-Beauftragten ernannt, der die Arbeit des EU-KMU-Beauftragten, der den Vorsitz des Netzwerks innehat, unterstützt. Die Gruppe der KMU-Beauftragten bildet eine KMU-Politikberatungsgruppe, die sich für eine KMU-freundliche Regulierung und Politikgestaltung in allen EU-Ländern einsetzt.
Die KMU-Beauftragten in den EU-Ländern werden von der nationalen Regierung ernannt. Ihre Aufgabe ist es, die Interessen der KMU in allen Regierungsstellen zu fördern und sicherzustellen, dass der Grundsatz „Vorfahrt für KMU“ in ihre politischen Entscheidungen und Regulierungsvorschläge einfließt. Sie fungieren als Hauptschnittstelle zwischen der Kommission und den nationalen politischen Entscheidungsträgern und berichten über die Umsetzung von KMU-politischen Maßnahmen und fördern den Austausch von bewährten Verfahren.
Die deutsche Vertreterin ist Frau Sabine Hepperle, Ministerialdirektorin beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.
Die Entscheidung zur Beibehaltung der aktuellen EU-KMU-Definition wurde von den nationalen Beauftragten einschließlich SMEunited begrüßt, die am Tag nach dem Treffen eine Erklärung abgaben. Da die derzeitige Definition bereits 99,8 % aller europäischen Unternehmen abdeckt, würde eine weitere Ausweitung des Geltungsbereichs dazu führen, dass noch mehr Unternehmen als KMU eingestuft würden. Dies würde zu einer Benachteiligung von Kleinst-, kleinen und mittleren Unternehmen führen, die weniger Kapazitäten haben und wirklich Unterstützung benötigen, so SMEunited.
Während des Treffens soll der tschechische Beauftragte jedoch einige der statistischen Daten angezweifelt haben. Frankreich soll eine „Schonfrist“ von zwei Jahren gefordert haben, während der ein Unternehmen weiterhin in der Kategorie KMU verbleiben kann, auch wenn es die Kriterien nicht mehr erfüllt.
Belgien hat Berichten zufolge um eine Klarstellung der staatlichen Beihilfen gebeten und darauf bestanden, dass sehr kleine Unternehmen berücksichtigt werden.

Deutschland soll betont haben, wie wichtig die Berücksichtigung von Mid-Cap-Unternehmen sei.
Nach fast zwanzig Jahren mit weitreichenden wirtschaftsorganisatorischen Weiterentwicklungen in den Mitgliedstaaten der EU ist eine Revision der Definition erforderlich. Der Beschluss der EU-Kommission kann eigentlich nur im Zusammenhang der Mammutaufgabe des Green Deals und den damit zusammenhängenden zahlreichen neuen Gesetzgebungsinitiativen und -revisionen verstanden werden. Die existierende KMU-Definition aus 2003 zieht sich durch sehr viele Gesetzgebungen und Verordnungen, so dass eine neue Definition auch eine Aktualisierung der Gesetzgebungen erfordern würde. Die EU-Kommission konzentriert sich auf ihre großen Baustellen.

Özgür Dr. Özgür Öner 0032 2 5501611