17. Juni 2022 Europabrief

GdW Europabrief 06/2022

Entwurf des Europäischen Parlaments zur Verschärfung der EPBD

Der vorläufige Berichtsentwurf zur Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD) des EP-Berichterstatters Ciarán Cuffe (Grüne/EFA, Irland) zirkuliert seit dem 14. Juni 2022.
Dieser sieht vor, die von der Europäischen Kommission empfohlenen Mindestanforderungen für Energieeffizienz zu verschärfen. So sollen öffentliche Gebäude und Nichtwohngebäude mindestens die Effizienzklasse D im Jahr 2027 und die Effizienzklasse C im Jahr 2030 erreichen, im Vergleich zu den im Vorschlag der Europäischen Kommission genannten Klassen F und E.
Wohngebäude sollten mindestens Effizienzklasse D im Jahr 2030 und C im Jahr 2033 erreichen.
Darüber hinaus schlägt Cuffe vor, „Gebäude mit der schlechtesten Energieeffizienz“ als Gebäude mit den Energieeffizienzklassen E bis G zu definieren. Die Definition des Gebäuderenovierungspasses wird außerdem in Bezug auf tiefgreifende Renovierungen erweitert.
Die Mitgliedstaaten sollen sicherstellen, dass neue Gebäude ab 2025 emissionsfrei sind und nicht erst ab 2030 bzw. ab 2027 bei neuen Gebäuden, die von Behörden genutzt werden oder sich in deren Besitz befinden.
Außerdem sollten die Mitgliedstaaten bis 2035 den Einsatz von auf fossilen Brennstoffen basierenden technischen Gebäudesystemen in allen Gebäuden abschaffen.
Des Weiteren sollten bis 2027 mindestens 10 Millionen Wärmepumpen und bis 2030 70 Millionen Solaranlagen installiert werden, und es sollten neue Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten in Bezug auf die bei der Renovierung von Gebäuden verwendeten Materialien vorgesehen werden. So soll sichergestellt werden, dass bis 2025 mindestens 15 % der Sekundärmaterialien aus lokaler Produktion verwendet werden, auf der Grundlage des derzeitigen Durchschnittsniveaus. Diese Quote soll dann bis 2030 für jede Materialklasse mindestens doppelt so hoch sein wie die derzeitige Einsatzquote von Sekundärmaterialien.
Ebenso schlägt Cuffe die Einführung eines speziellen Renovierungsinstruments (EU-Renovierungsdarlehen) vor, um Hausbesitzern Zugang zu langfristigen Krediten der EU für tiefgreifende Renovierungen zu ermöglichen.
Weiter plädiert er dafür, bei Renovierungen einen Quartiersansatz zu verfolgen, der das gesamte Ökosystem der Gemeinschaft einbezieht, z. B. bei nachhaltigen Energiequellen oder Fernwärme und -kälte.
Was die serielle Gebäudesanierung betrifft, sollen Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Herstellung lokal anpassbarer, vorgefertigter Bauelemente schaffen, die verschiedene Funktionen erfüllen, einschließlich Ästhetik, Energieerzeugung durch Isolierung und grüne Infrastrukturen, und die die biologische Vielfalt, Wasserwirtschaft, Zugänglichkeit und Mobilität fördern.
Der Entwurf sieht für jeden fünften Parkplatz die Installation von mindestens einer Ladestation vor sowie mindestens zwei Fahrradstellplätze für jeden Pkw-Stellplatz. Außerdem ist die Installation von mindestens einer Aufladestation für Elektrofahrzeuge vorgesehen. In neuen Wohngebäuden mit mindestens drei Wohnungen, die keine Pkw-Stellplätze zur Verfügung haben, sollen für jede Wohnung mindestens zwei Fahrradstellplätze sichergestellt werden. Ferner sollen Mitgliedstaaten Maßnahmen einführen, die die regulatorischen Hindernisse für die Installation von Ladestationen in Wohngebäuden mit Parkplätzen beseitigen, insbesondere die Notwendigkeit, die Zustimmung des Vermieters oder der Miteigentümer für eine private Ladestation zur Eigennutzung einzuholen.
Alle gemeinschaftlich genutzten Räume von neuen Gebäuden oder Gebäuden, die einer größeren Renovierung oder einer Renovierung gemeinschaftlich genutzter Räume unterzogen werden, wie Eingänge, Treppen und Aufzüge, Parkplätze, sanitäre Anlagen etc. sollen der Norm EN 17210 entsprechen.
In den Bauvorschriften sollen bestehende Parkplätze und andere gemeinschaftlich genutzte Flächen in und neben Gebäuden als barrierefreie Flächen neu definiert werden. Dadurch soll die Nutzung von barrierefreien und emissionsfreien Mobilitätslösungen ermöglicht werden.
Gebäudeeigentümer, Mieter und Verwalter sollen direkten Zugang zu Daten der Gebäudesysteme haben. Die Daten müssen öffentlich zugänglich sein, sofern sie aggregiert und anonymisiert sind.
Schließlich schlägt der Bericht vor, alle leerstehenden Gebäude verpflichtend zu sanieren und sie dem Markt für die Vermietung zuzuführen.
Aus Sicht der Wohnungswirtschaft sind die Vorschläge des Berichts ökonomisch, sozial und ökologisch nicht umsetzbar. Zwar enthält der Berichtsentwurf einige Hinweise auf soziale Schutzmaßnahmen im Zusammenhang mit Renovierungen und den integrierten Renovierungsplänen, aber diese wiegen die Nichtwirtschaftlichkeit und die aus Klimasicht ineffizienten Maßnahmenvorschläge nicht auf. Vorschläge wie die der Zwangssanierung von leerstehenden Gebäuden weisen auf ein mangelndes Wissen über die Funktionsweisen der Wohnungswirtschaft und die Entwicklungszusammenhänge schrumpfender Regionen hin. Durch die Festlegung einheitlicher Anforderungen an neue und bestehende Gebäude werden der lokale Kontext und das Potenzial der lokalen Energie- und Materialquellen, sowie die Arbeit der Wohnungswirtschaft nicht ausreichend berücksichtigt.
Der ursprüngliche Vorschlag der Europäischen Kommission ist hinsichtlich der sozialen und wirtschaftlichen Vereinbarkeit und Verantwortung nicht umsetzbar. Der vorgelegte Berichtsentwurf aber erschwert aus Sicht der Wohnungswirtschaft sogar die Verbesserung des Kommissionsvorschlags erheblich.

Özgür Dr. Özgür Öner 0032 2 5501611