17. Juni 2022 Europabrief

GdW Europabrief 06/2022

Europäische Kommission stellt REPowerEU-Plan vor

Am 18. Mai 2022 veröffentlichte die Europäische Kommission ihren „REPowerEU-Plan“ zur Verringerung der Abhängigkeit von russischen fossilen Brennstoffen und Beschleunigung des grünen Wandels. Der Plan enthält verschiedene Maßnahmen zur Energieeinsparung und zur Erzeugung erneuerbarer Energien, die unter anderem die aktuell laufenden Überarbeitungen der Energieeffizienzrichtlinie (EED), der Erneuerbaren Energien Richtlinie (RED) und der Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD) im Fit-for-55-Paket betreffen.
So sollen die Energieeffizienzziele von 9 % auf 13 % durch einen Änderungsantrag der EED-Richtlinie angehoben werden. Außerdem schlägt die Kommission eine Erhöhung der Energieeinsparverpflichtung (Artikel 8 der EED) vor. Die Mitgliedstaaten sollen verpflichtet werden, ihren Endenergieverbrauch zwischen 2024 und 2030 um mindestens 2 % pro Jahr zu senken, eine deutliche Verschärfung der aktuell geltenden Zielmarke von 0,8 % und eine weitere Erhöhung gegenüber dem angedachten Ziel von 1,5 % im ursprünglichen Vorschlag.
Weiter will die Europäische Kommission auch das Ziel der Europäischen Union für den Anteil der erneuerbaren Energien am Energiemix bis 2030 anheben.
Dem Vorschlag nach soll das EU-Ziel für erneuerbare Energien von 40% auf 45 % in der RED-Richtlinie erhöht werden.
Mit dem neuen Ziel würde die Gesamtkapazität der EU für erneuerbare Energien bis 2030 auf 1.236 GW steigen, gegenüber 511 GW heute und 1.067 GW im ursprünglichen Vorschlag.
Ferner soll die Frist, ab der die Mitgliedstaaten keine finanziellen Anreize mehr für die Installation von mit fossilen Brennstoffen befeuerten Heizkesseln gewähren können, um zwei Jahre (von 2027 auf 2025) vorgezogen werden.
Dem Plan zufolge soll die EU bis 2030 10 Millionen Tonnen erneuerbaren Wasserstoff (über Elektrolyseure, die mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen betrieben werden) produzieren und die gleiche Menge importieren. Es wird geschätzt, dass etwa 123 GW Elektrolysekapazität erforderlich wären, um dieses Produktionsniveau in der EU zu erreichen.
Darüber hinaus will die Kommission bis zum Sommer etwa ein Viertel der mehr als 400 wasserstoffbezogenen Projekte genehmigen, die von den Mitgliedstaaten als „wichtige Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse“ (IPCEI) vorausgewählt wurden.
Bei den Wasserstoffimporten setzt die Kommission auf drei große Importkorridore: über das Mittelmeer, den Nordseeraum und, sobald es möglich ist, die Ukraine. Außerdem soll eine „Globale Europäische Wasserstoff-Fazilität“ als Plattform zur Unterstützung von Initiativen für erneuerbaren Wasserstoff eingerichtet werden, um die Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff in der EU und in Drittländern zu fördern.
In Bezug auf Biomethan enthält der Entwurf das am 8. März angekündigte Ziel, bis 2030 35 Mrd. m³ Biomethan zu produzieren, was einer Verdoppelung des derzeitigen EU-Ziels entspricht.
Die Kommission plant weiterhin die Einführung neuer Regelungen, einschließlich des Konzepts der „Erneuerbare-Energien-Zonen“, mit dem Ziel, die Genehmigungsverfahren für Erneuerbare-Energien-Projekte zu beschleunigen und zu vereinfachen.
Nach der im Dokument enthaltenen Definition handelt es sich bei „Erneuerbaren-Energie-Zonen“ um Standorte an Land oder auf See, die von einem Mitgliedstaat als „besonders geeignet für die Errichtung von Anlagen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen, mit Ausnahme von Biomasseverbrennungsanlagen“, ausgewiesen wurden.
Demnach müssten die Mitgliedstaaten spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten der Richtlinie Standorte an Land und auf See ermitteln, die sich für die Installation von Anlagen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen eignen, um ihren nationalen Beitrag zum EU-Ziel für erneuerbare Energien bis 2030 zu leisten.
Sie sollten dann spätestens zwei Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie einen oder mehrere Pläne verabschieden, in denen sie für eine oder mehrere Arten von erneuerbaren Energiequellen an diesen Standorten „EE-Zonen“ ausweisen.
Angesichts der Notwendigkeit einer verstärkten privaten Finanzierung der Energieeffizienz wird die Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten eine hochrangige europäische Koalition zur Finanzierung der effizienten Energienutzung mit dem Finanzsektor ins Leben rufen, die sich auf die Gruppe der Finanzinstitute für Energieeffizienz (EEFIG) stützt, und zusätzliche Maßnahmen prüfen, um weitere private Investitionen anzuregen, z. B. durch Standards für Hypothekenportfolios oder leistungsabhängige Vergütungssysteme.
Im REPowerEU-Plan ist außerdem eine EU-Solarenergiestrategie enthalten. Diese möchte die Europäische Kommission in einer Vier-Phasen-Strategie umsetzen, die folgende Bereiche umfasst: Solardächer, Erteilung von Genehmigungen für Solarenergieprojekte, Ausbildung qualifizierter Arbeitskräfte und Solarenergieindustrie.
Ziel ist es, die Solarenergie zu fördern, um sowohl zu den Klimazielen der EU als auch zur Stärkung ihrer Energieunabhängigkeit beizutragen. Laut dem Dokument sollen bis 2025 mehr als 300 GW an photovoltaischer Solarenergie in Betrieb genommen werden (mehr als das Doppelte des Niveaus von 2020) und bis 2030 mehr als 500 GW.
Um das Potenzial der Solarstromerzeugung auf Dächern voll auszuschöpfen, plant die Kommission eine Europäische Solardach-Initiative. Diese soll u.a. in der EPBD-Richtlinie mit dem Änderungsvorschlag Artikel 9a aufgenommen werden und sieht folgendes vor:
Die Installation von geeigneten Solarenergieanlagen auf:

  • allen neuen öffentlichen und gewerblichen Gebäuden mit einer Gesamtnutzfläche von mehr als 250 Quadratmetern bis zum 31. Dezember 2026
  • allen bestehenden öffentlichen und gewerblichen Gebäuden mit einer Gesamtnutzfläche von mehr als 250 Quadratmetern bis zum 31. Dezember 2027
  • allen neuen Wohngebäuden bis zum 31. Dezember 2029

Ziel ist es, dass die Gebäude „solartauglich“ sind und keine kostspieligen baulichen Eingriffe nötig sind, um Solartechnologien zu installieren. Die Kriterien zur Umsetzung der Verpflichtungen sowie die Ausnahmen sollen von den Mitgliedstaaten festgelegt werden.
Eine undifferenzierte Vorgabe zur generellen Ausrüstung von Neubauten mit Solaranlagen ist aus wohnungswirtschaftlicher Perspektive jedoch nicht zielführend.
Nur das Wohnungsunternehmen oder der Gebäudeeigentümer kann entscheiden, ob eine Solaranlage im jeweiligen Bestand sinnvoll ist. Bei Tallagen oder Verschattungen ist eine Installation weder sinnvoll für die Energiegewinnung noch wirtschaftlich darstellbar.
Die Dauer der Genehmigungsverfahren für Solaranlagen auf Dächern soll außerdem auf maximal drei Monate begrenzt werden. Bis 2025 soll in jeder Gemeinde mit mehr als 10.000 Einwohnern mindestens eine Gemeinschaft für erneuerbare Energien gegründet werden.
Bei vollständiger Umsetzung wird die Solardach-Initiative nach dem ersten Jahr 17 TWh zusätzlichen Strom aus erneuerbaren Energiequellen erzeugen (17 % mehr als die Fit for 55-Prognosen) und 42 TWh bis 2025 (35 % mehr als die Fit for 55-Prognosen).
Die Kommission beabsichtigt außerdem die Schaffung einer EU-Allianz für die Solarindustrie, die europäische, nationale, regionale und lokale Behörden, Akteure aus der Industrie, Forschungsinstitute und andere Interessengruppen aus der Wertschöpfungskette der Photovoltaik zusammenbringen soll. Die Allianz soll als Vermittler zwischen Herstellern und Abnehmern fungieren, um die Finanzierung von Projekten zu erleichtern und die Entwicklungen in der Branche zu überwachen.
Darüber hinaus möchte die Kommission eine EU-Partnerschaft für Solarkompetenzen als Teil einer großen Partnerschaft für erneuerbare Energien im Onshore-Bereich im Rahmen des „Europäischen Pakts für Kompetenzen“ einrichten. Diese Partnerschaft würde die relevanten Akteure des Sektors der erneuerbaren Energien zusammenbringen, um eine klare Vorstellung von den konkreten Ausbildungs- und Umschulungsmaßnahmen zu entwickeln, die erforderlich sind, um ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte für die Solarenergie sicherzustellen.

Schließlich plant die Kommission die Annahme einer Empfehlung und einer Leitlinie zur Vereinfachung und Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien.

Özgür Dr. Özgür Öner 0032 2 5501611