GdW Europabrief 04/2023
- GdW Europabrief 04/2023
- Gebäuderichtlinie-Revision: EP-Verhandlungsposition steht fest
- Revision der Energieeffizienzrichtlinie
- EP nimmt überarbeitete Lastenteilungsverordnung an
- LULUCF-Verordnung
- EP stimmt über EU-Datengesetz (Data Act) ab
- Änderung der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO)
- Befristeter Krisenrahmen im Beihilferecht (TCTF)
Gebäuderichtlinie-Revision: EP-Verhandlungsposition steht fest
Das Europäischen Parlament hat am 14. März 2023 mit 343 Stimmen, 216 Gegenstimmen und 78 Enthaltungen den Berichtsentwurf zur Gebäuderichtlinie (EPBD) des EP-Berichterstatters Ciarán Cuffe (Grüne/EFA, Irland) angenommen. Somit steht nun die Verhandlungsposition des EP fest. Der am 9. Februar 2023 im ITRE-Ausschuss abgestimmte Kompromisstext hat sich kaum verändert. Nachfolgend ein aktualisierter Überblick über die relevanten Punkte des angenommenen Textes:
Im angenommenen Bericht wird festgelegt, dass öffentliche und bestehende Nichtwohngebäude ab 2027 mindestens die Energieeffizienzklasse E und ab 2030 die Energieeffizienzklasse D erreichen sollen. Wohngebäude sollen ab 2030 mindestens die Anforderungen der Klasse E und ab 2033 die der Klasse D erreichen (im Vergleich zu F und E im Kommissionsvorschlag und D und C im ursprünglichen Berichtentwurf von Ciarán Cuffe.
Konkret bedeutet dies, dass bis 2033 die Energieeffizienzklassen G – F – E auslaufen sollen bzw. dass 45% der Wohngebäude in Deutschland innerhalb von neun Jahren saniert werden müssen. Nach Berechnungen des GdW würden sich solche energetischen Sanierungen für Deutschland auf 261 Mrd. EUR pro Jahr belaufen.
Die Ausnahme für öffentliche Sozialwohnungen bleibt weiterbestehen: Mitgliedstaaten können öffentliche Sozialwohnungen von dieser Verpflichtung befreien. Voraussetzung ist, dass solche Renovierungen nicht kostenneutral sind oder zu Mieterhöhungen führen, die nicht durch Energieeinsparungen kompensiert werden können. Diese Ausnahme gilt jedoch nur für 22% aller Wohngebäude der Effizienzklassen G – F – E und das nur bis zum 1. Januar 2037. Was Deutschland anbelangt, würde der Anteil der Sozialwohnungen, die unter diese Ausnahme fällt, geringer ausfallen, da nicht alle Sozialwohnungen von öffentlichen Wohnungsunternehmen bereitgestellt werden.
Denkmalgeschützte Gebäude sollen von den neuen Regelungen ausgenommen werden. Eine weitere Ausnahme gilt auch für Gebäude, die wegen ihres besonderen architektonischen oder historischen Werts geschützt sind, technische Gebäude, vorübergehend genutzte Gebäude sowie Kirchen und Andachtsstätten, sofern EU-Mitgliedstaaten diese genehmigen.
Der Kompromissentwurf enthält außerdem einen neuen Artikel zum integrierten Quartiersansatz. Dieser sieht u.a. vor, dass Mitgliedstaaten regionale und lokale Behörden ermächtigen können, integrierte Quartiere für integrierte Renovierungsprogramme (IRP) zu ermitteln.
Was die Einführung neuer harmonisierter Energieeffizienzausweise (EPC) betrifft, sollen diese bis zum 31. Dezember 2025 eingeführt werden. Mitgliedstaaten, die bereits ein neues System seit 2019 eingeführt haben, können es bis spätestens Ende 2029 beibehalten. Für Deutschland trifft das nicht zu, da die letzte Erneuerung 2014 durchgeführt wurde. Die Einführung neuer Energieausweise ist jedoch mit einem enormen Aufwand verbunden, da nicht nur die Ausweise, sondern auch die darauf beruhende Förderung und Gesetzgebung geändert werden müsste.
Ab 2026 sollen neue Gebäude, die von Behörden genutzt oder verwaltet werden oder sich in deren Besitz befinden, emissionsfrei bzw. Nullemissionsgebäude sein. Ab 2028 gilt dies für alle anderen neuen Gebäude (im Kommissionsvorschlag war dies für 2027 und 2030 vorgesehen). Die Definition eines Nullemissionsgebäude im Bestand ist jedoch mit einem zu geringen Energiebedarf festgelegt.
Darüber hinaus sieht der Text ein Verbot von Heizungsanlagen mit fossilen Brennstoffen in neuen Gebäuden vor sowie in Gebäuden, die einer größeren Renovierung, einer tiefgreifenden Renovierung oder einer Erneuerung der Heizungsanlage unterzogen werden. Dies soll ab dem Zeitpunkt der Umsetzung der EPBD in nationales Recht gelten. Bis 2035 sollen die Mitgliedstaaten diese Heizungssysteme für alle übrigen Gebäude schrittweise abschaffen. Eine Fristverlängerung ist bis 2040 möglich, sofern Mitgliedstaaten nachweisen können, dass dies bis 2035 nicht umsetzbar ist.
In Bezug auf Solaranlagen sollen Mitgliedstaaten die Installation von Solaranlagen gewährleisten, „sofern dies technisch, wirtschaftlich und funktional machbar ist“. Für alle neuen öffentlichen Gebäude und Nichtwohngebäude gilt dies bis zwei Jahre nach Inkrafttreten der EPBD-Revision; für alle bestehenden öffentlichen Gebäude und Nichtwohngebäude bis zum 31. Dezember 2026; für alle neuen Wohngebäude und bedachten Parkplätze bis zum 31. Dezember 2028 und für Gebäude, die einer größeren Renovierung unterzogen werden bis zum 31. Dezember 2032.
Der Punkt der Kosteneffizienz und technischen Durchführbarkeit wird auch an anderer Stelle im Kompromissentwurf aufgegriffen. So wird z.B. in Bezug auf die Ladeinfrastruktur darauf verwiesen, dass Mitgliedstaaten sicherstellen sollen, dass die Vorverkabelung so ausgelegt ist, dass sie die gleichzeitige und effiziente Nutzung der erwarteten Anzahl von Ladepunkten ermöglicht und gegebenenfalls die Installation eines Last- oder Lademanagementsystems unterstützt, „soweit dies technisch und wirtschaftlich machbar und gerechtfertigt ist“.
In der Methode zur Berechnung der Kostenoptimalität wurde neben „externen Umwelt- und Gesundheitswirkungen der Energienutzung“ auch die „externen sozialen Wirkungen der Gebäudesanierung, des Neubaus, Abrisses und der Änderungen der bebauten Umwelt“ aufgenommen. Ein wichtiger Punkt, da zu den positiven sozialen Auswirkungen eines sanierten Gebäudes auch das bezahlbare Wohnen dazugehören sollte.
Weiterhin sieht der Bericht vor, dass Mitgliedstaaten einen nationalen Renovierungsplan erstellen müssen. Dieser sollte einen Fahrplan mit nationalen Zielen für die Bekämpfung der Energiearmut und einen Überblick über durchgeführte und geplante politische Maßnahmen sowie Finanzierungsmaßnahmen diesbezüglich enthalten.
Enthalten ist außerdem ein neuer Artikel (3a) zum integrierten Quartiersansatz. Dieser sieht vor, dass Mitgliedstaaten regionale und lokale Behörden dazu ermächtigen können, integrierte Quartiere zu ermitteln, um verschiedene Aspekte der Stadtplanung in integrierte Renovierungsprogramme (IRP) auf Quartiersebene einzuführen. Dabei sollen auch die Bestimmungen aus der Energieeffizienzrichtlinie zum Bau effizienter Fernwärme und Fernkältesysteme sowie zum Bau von Anlagen von Erneuerbare-Energien-Gemeinschaften berücksichtigt werden. Dabei soll der Grundsatz „Energieeffizienz an erster Stelle“ von den Mitgliedstaaten berücksichtigt und die Flexibilität auf der Nachfrageseite gefördert werden.
Der Termin für den Beginn der Trilog-Verhandlungen zwischen dem Rat, dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission wird in Kürze festgelegt. Der EP-Berichterstatter Ciarán Cuffe hofft, das Dossier noch vor Ende der schwedischen Ratspräsidentschaft, also Ende Juni 2023, abschließen zu können. Da die Positionen der verhandelnden Parteien in wichtigen Punkten, wie z.B. MEPS, voneinander abweichen, ist davon auszugehen, dass sich die Verhandlungen in die Länge ziehen werden.