GdW Europabrief 04/2022
- GdW Europabrief 04/2022
- EU-Unterstützung für Mitgliedstaaten bei der Bewältigung der Ukraine-Flüchtlingskrise
- Energiepreise: Befristeter Krisenrahmen und EU-Taskforce zum gemeinsamen Gaseinkauf
- Konsultation zur nachhaltigen Unternehmensführung
- EU-Rat nimmt Standpunkt zu europäischen grünen Anleihen an
- Zukünftiges EU-Datengesetz
- Offizieller Start des Neuen Europäischen Bauhaus Labors (NEB-Lab)
Energiepreise: Befristeter Krisenrahmen und EU-Taskforce zum gemeinsamen Gaseinkauf
Die Europäische Kommission hat einen Befristeten Krisenrahmen angenommen, der es den Mitgliedstaaten ermöglichen wird, die Regeln für staatliche Beihilfen flexibel zu nutzen, um die Wirtschaft im Zusammenhang mit der russischen Invasion in der Ukraine zu unterstützen.
Mit dem neuen Rechtsrahmen können die Mitgliedstaaten Unternehmen, die von der derzeitigen Krise oder den damit verbundenen Sanktionen und Gegensanktionen betroffen sind, in begrenztem Umfang Beihilfen gewähren. Darüber hinaus soll sichergestellt werden, dass den Unternehmen weiterhin ausreichend Liquidität zur Verfügung steht, und dass sie für die zusätzlichen Kosten entschädigt werden, die ihnen aufgrund der außergewöhnlich hohen Gas- und Strompreise entstehen.
Der neue Beihilferahmen sieht drei Arten von Beihilfen vor: direkte Zuschüsse, Liquiditätshilfe in Form von staatlichen Garantien und zinsvergünstigten Darlehen sowie Beihilfen zum Ausgleich der höheren Energiepreise. Konkret können die direkten Zuschüsse bis zu 35.000 EUR für krisenbetroffene Unternehmen in den Sektoren Landwirtschaft, Fischerei und Aquakultur und bis zu 400.000 EUR für Unternehmen in allen anderen Sektoren betragen.
Zur Unterstützung der Liquidität können die Mitgliedstaaten subventionierte staatliche Garantien bereitstellen, um zu gewährleisten, dass die Banken allen von der aktuellen Krise betroffenen Unternehmen weiterhin Kredite gewähren, sowie subventionierte öffentliche und private Kredite.
Die Garantie/das Darlehen darf 15 % des durchschnittlichen jährlichen Gesamtumsatzes des Begünstigten in den letzten drei abgeschlossenen Rechnungsperioden oder 50 % der Energiekosten in den 12 Monaten vor dem Monat, in dem der Beihilfeantrag gestellt wird, nicht überschreiten.
Mit den Beihilfen zum Ausgleich der hohen Energiepreise können die Mitgliedstaaten insbesondere energieintensive Unternehmen teilweise für die Mehrkosten entschädigen, die ihnen durch den außergewöhnlichen Anstieg der Gas- und Strompreise entstehen.
Die Berechnung erfolgt als Differenz zwischen dem von dem Unternehmen in einem bestimmten Monat des Förderzeitraums gezahlten Einheitspreis und dem Doppelten (200 %) des von dem Unternehmen im Durchschnitt des Referenzzeitraums vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2021 gezahlten Einheitspreises.
Der Gesamtbetrag der Zuschüsse darf 30 % der förderfähigen Kosten nicht übersteigen, wobei ein Höchstbetrag von 2 Mio. EUR zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht überschritten werden darf.
Die Mitgliedstaaten können allerdings über diese Obergrenzen hinaus Beihilfen gewähren, und zwar bis zu 25 Mio. EUR für energieintensive Unternehmen und bis zu 50 Mio. EUR für Unternehmen, die in bestimmten Sektoren tätig sind, z. B. in der Herstellung von Aluminium und anderen Metallen, Glasfasern, Düngemitteln oder Wasserstoff und bestimmten chemischen Grundstoffen.
Zur Unterstützung der europäischen Landwirte bietet die Kommission vier Millionen Hektar Anbaufläche und 500 Millionen Euro an. Das Finanzpaket umfasst auch 330 Millionen Euro für Saatgut und andere landwirtschaftliche Betriebsmittel für Erzeuger in Kiew.
Um einkommensschwache Familien in der EU zu unterstützen, schlägt die Kommission vor, dass die Mitgliedstaaten die Mehrwertsteuer auf bestimmte Lebensmittel senken.
Der neue Gemeinschaftsrahmen enthält Schutzklauseln, und die Mitgliedstaaten werden für die Gewährung von Beihilfen aufgrund zusätzlicher Energiekosten Nachhaltigkeitsanforderungen festlegen müssen. Der Gemeinschaftsrahmen gilt rückwirkend ab dem 1. Februar 2022 und ist bis zum 31. Dezember 2022 gültig.
Das Dokument finden Sie hier.
Ferner haben die 27 Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten am 25. März 2022 über die Maßnahmen zur Bekämpfung des Anstiegs der Energiepreise und zur Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit in der Union beraten.
Die Europäische Kommission plant die Einrichtung einer EU-Taskforce für den gemeinsamen Gaseinkauf auf EU-Ebene. Durch die Bündelung der Kaufkraft der Mitgliedstaaten wird die Task Force die Gaseinkäufe auf dem internationalen Markt erleichtern, um die Abkopplung vom russischen Gas zu beschleunigen, von dem die EU nach wie vor stark abhängig ist. Ein von der Kommission geleitetes Verhandlungsteam würde mit den Gasversorgern verhandeln, wobei auch Erdgas und Flüssigerdgas (LNG) in Betracht gezogen würden.
Nach Ansicht der Kommission wird sich die Task Force an den Erfahrungen mit der Covid 19-Pandemie orientieren, bei der ein europaweites Vorgehen entscheidend war, um eine ausreichende Versorgung der EU-Länder mit Impfstoffen sicherzustellen.
Während des Europäischen Rates wird die EU-27 entscheiden müssen, ob alle Mitgliedstaaten der Task Force beitreten werden oder ob die Teilnahme auf freiwilliger Basis erfolgt.
Im vergangenen Jahr schlug die Europäische Kommission ein System für den gemeinsamen Erwerb strategischer Gasreserven vor, das nach Ansicht einiger Länder eine Alternative zum Ausgleich möglicher Versorgungsunterbrechungen darstellen könnte.
Im Jahr 2020 verbrauchte die EU 399,6 Milliarden Kubikmeter Gas: Hauptverbraucher ist Deutschland mit 91,2 Milliarden Kubikmetern, gefolgt von Italien mit 71,3 Milliarden Kubikmetern, den Niederlanden mit 44, Frankreich mit 39,5 und Spanien mit 32,1.
Die Europäische Kommission hat außerdem beschlossen, die Zielvorgabe für die Mindestbefüllung der Gasvorräte in der EU im Jahr 2022 von den ursprünglich vorgesehenen 90 % bis zum 1. Oktober auf 80 % bis zum 1. November zu senken, um den Mitgliedstaaten eine gewisse Flexibilität einzuräumen.