2. August 2021 Europabrief

GdW Europabrief 10/2021

Fit for 55-Paket der EU-Kommission

Am 14. Juli 2021 hat die Europäische Kommission ihr Legislativpaket vorgestellt, das darauf abzielt, die Netto-Treibhausgasemissionen der Europäischen Union bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber dem Stand von 1990 zu senken und die EU bis 2050 auf den Weg zur Klimaneutralität zu bringen. Das sogenannte Fit for 55-Paket enthält insgesamt zwölf Gesetzesvorschläge, die für die Erreichung der Klimaziele eine tiefgreifende Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft vorsehen. Die Wohnungswirtschaft begrüßt die vorgelegten Gesetzesinitiativen zur Umsetzung des Green Deals und der damit verbundenen Anstrengung, die Treibhausgasemissionen in der EU bis 2030 um 55 % zu reduzieren und die EU bis 2050 klimaneutral zu gestalten. Es kommt aber darauf an, die Ziele nicht nur in den erstellten Szenarien zu erreichen, sondern in der Realität. Deshalb wird die Wohnungswirtschaft die notwendigen Hinweise geben und Änderungsbedarf an den Richtlinien benennen.  Die Hinweise der Praktiker mit ihren langjährigen Erfahrungen sollten in die endgültigen Entscheidungen aufgenommen werden. Dann schaffen wir es hoffentlich, die Klimaziele und die legitimen sozialen Interessen von Mietern und Nutzern miteinander zu versöhnen. Klimaschutz ist dann keine finanzielle Bedrohung, sondern auch eine Chance auf bezahlbares, zukunftsfähiges Wohnen. Neun der 12 vorliegenden Gesetzesinitiativen und -revisionen haben eine unmittelbare oder mittelbare Auswirkung auf die Wohnungswirtschaft hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der geplanten Maßnahmen und der Bewirtschaftung des Unternehmensbestandes als auch der Belastung der insbesondere einkommensschwachen Mieter.

ETS-Reform (EHS)
Eine der geplanten Maßnahmen ist die Überarbeitung des EU-Emissionshandelssystems (EHS) – ein marktbasierter Mechanismus zur Bepreisung von Emissionen aus dem Stromsektor, der Industrie und der gewerblichen Luftfahrt innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes. Die Kommission schlägt vor, dass die Sektoren, die unter das überarbeitete EU-EHS (Industrie und Energiewirtschaft) fallen, ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um 61 % gegenüber dem Niveau von 2005 reduzieren müssen. Zudem will die Kommission ein neues EHS einführen, das Emissionen aus Gebäuden und dem Straßenverkehr abdeckt – ein Vorschlag, der insbesondere von Deutschland und Dänemark unterstützt wird. Die Kommission erhofft sich durch die Anwendung des Emissionshandelssystems auf Brennstoffe im Gebäudesektor, sauberere Heizbrennstoffe auf den Markt zu bringen, die Amortisationszeiten für Renovierungsinvestitionen zu verkürzen und die Umstellung auf andere Brennstoffe beim Heizen und Kühlen in bestehenden Gebäuden zu beschleunigen. Die Kommission schlägt vor, den Emissionshandel ab 2026 für den Straßenverkehr und für Gebäude anzuwenden. Dies soll in einem separaten System geschehen, das sich auf die vorgelagerten Kraft- und Heizstofflieferanten konzentriert. Die Verantwortung, das System einzuhalten, wird auf die Lieferanten übertragen, anstatt auf die einzelnen Haushalte oder Straßenverkehrsnutzer. Die Emissionen aus dem Straßenverkehr und dem Gebäudesektor werden gedeckelt, wobei die Deckelung im Laufe der Zeit reduziert wird, um die Gesamtemissionen zu senken. Die Emissionsobergrenze für das neue Emissionshandelssystem wird ab 2026 auf der Grundlage von Daten festgelegt, die im Rahmen der Lastenteilungsverordnung erhoben wurden, um für die Sektoren Gebäude und Straßenverkehr eine Emissionsminderung von 43 % im Jahr 2030 im Vergleich zu 2005 zu erreichen.
Die Zertifikate für den neuen Emissionshandel werden versteigert, da keine kostenlose Zuteilung vorgesehen ist. Um einen reibungslosen Start des Emissionshandels in den neuen Sektoren zu gewährleisten, werden im ersten Jahr 130 % der benötigten Zertifikate ausgegeben und 150 Millionen Zertifikate werden jährlich dem Innovationsfonds zur Verfügung gestellt, um den grünen Übergang zu stimulieren. Im Jahr 2026 wird eine Marktstabilitätsreserve im Umfang von 600 Mio. Zertifikate erzeugt. Organisationen wie der Branchenverband Eurogas und die Expertengruppe Agora Energiewende unterstützen diese Initiative der Kommission.  
Wohnungswirtschaftliche Bewertung:
Der GdW schlägt einen separaten EU-weiten Emissionshandel jeweils für Gebäude und Verkehr vor, weil die Voraussetzungen zur Treibhausgasvermeidung und die Vermeidungskosten in beiden Sektoren sehr unterschiedlich sind. Der Emissionshandel für Gebäude sollte mit einer jährlichen planbaren Preisobergrenze versehen werden. Die Preisobergrenze ist entscheidend, um Energiearmut und soziale Verwerfungen zu vermeiden. Des Weiteren ist die Marktstabilitäsreserve bei Engpässen einzusetzen, z.B. aufgrund kalter Winter. Die Auswirkungen auf den liberalisierten Energiemarkt sind zu untersuchen – wird ein Lieferantenwechsel noch möglich sein, wenn Lieferanten in ihren Zertifikaten begrenzt sind? Des Weiteren muss das Zusammenspiel von einem EU-weiten Emissionshandel mit festen nationalen Obergrenzen entsprechend Lastenteilungsverordnung noch geklärt werden.

Klima-Sozialfonds
Angesichts des Risikos, dass die Ausweitung des EHS-Systems auf den Verkehrs- und Gebäudesektor zu einer Kostensteigerung für die Endverbraucher führt (z. B. über eine Erhöhung der Kraftstoffpreise für Autos und der Wärmenergiepreise im Gebäude) und dass die schwächsten Haushalte die Kosten des ökologischen Übergangs unverhältnismäßig stark tragen müssen, schlägt die Kommission die Einrichtung des Klima-Sozialfonds vor. Damit sollen den Mitgliedstaaten Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden, um die sozialen Auswirkungen auf sozial schwächere Haushalte, Kleinstunternehmen und Verkehrsteilnehmer abzumildern.                                                                                                                
Mit dem Klima-Sozialfonds werden für den Zeitraum 2025-2032 aus dem neuen Emissionshandelssystem insgesamt 72,2 Mrd. EUR bereitgestellt. Damit sollen Investitionen in den Mitgliedstaaten zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Renovierung von Gebäuden, zum sauberen Heizen und Kühlen sowie zur Integration erneuerbarer Energien unterstützt werden. Das Volumen des Klima-Sozialfonds wird im Prinzip 25 % der erwarteten Einnahmen aus dem neuen Emissionshandel entsprechen, der den Gebäude- und Straßenverkehrssektor abdeckt.  Ein Abruf der Mittel von Mitgliedstaaten aus dem Klima-Sozialfonds muss mit nationalen Beiträgen von mindestens 50 Prozent kombiniert werden. Die Kommission wird die Auswirkungen des Klimafonds im Jahr 2028 bewerten. Mitgliedstaaten mit einem höheren Anteil fossiler Brennstoffe am Energiemix, höheren Treibhausgasemissionen, einer höheren Energieintensität und einem niedrigeren Pro-Kopf-BIP werden ebenfalls von einem Innovationsfonds profitieren. Die Mittel in diesem Fonds werden vom Kohlenstoffpreis abhängen, der Fonds wird jedoch mit zusätzlichen 192,5 Millionen Zertifikaten aufgestockt.
Zudem beabsichtigt die EU-Kommission noch vor Jahresende einen Vorschlag für eine Empfehlung des Rates vorzulegen, zur Bewältigung der sozialen Aspekte, die mit dem grünen Wandel einhergehen.
Wohnungswirtschaftliche Bewertung:
Die Initiative für einen Klima-Sozialfonds begrüßt die Wohnungswirtschaft. Die Mittelausstattung ist aber für den Zeitraum und für die Zahl der Mitgliedstaaten bei weitem nicht ausreichend, um die notwendigen Investitionen in CO2-emissionsreduzierende Maßnahmen sozial und für die Unternehmen wirtschaftlich abzufedern. Darüber hinaus ist es fraglich, ob ein Abzug der Finanzmittel aus Emissionszertifikat-Erlösen aus den Mitgliedstaaten und Rückverteilung über die EU das beste Mittel zur Lösung der sozialen Fragen des Emissionshandels ist. Die im Entwurf des EHS vorgesehene Verpflichtung der Mitgliedstaaten, mindestens 50 % der Einnahmen aus dem Emissionshandel für die Unterstützung von Haushalten mit geringem Einkommen zu verwenden, wäre eine klarere Lösung. Die Unterstützung sollte in Zuschüssen für die energetische Sanierung und die Nutzung erneuerbarer Energien gegeben werden und in bestimmten Fällen auch direkt zugeteilt werden. 

Lastenteilungsverordnung
Um alle Wirtschaftssektoren einzubeziehen, wurde ein Vorschlag für eine Überarbeitung der EU-Lastenteilungsverordnung (2018/842) vorgelegt, die Sektoren abdeckt, die nicht unter das ETS fallen: Landwirtschaft, Straßenverkehr, Abfall und Gebäude. Dem Vorschlag zufolge sollen die Emissionen aus diesen Sektoren bis 2030 EU-weit um 40 % im Vergleich zu 2005 reduziert werden (statt bisher 30 %). Die Grundsätze für die Zuteilung des relativen Aufwands an die einzelnen Mitgliedstaaten bleiben die gleichen wie bisher: Nationale Ziele werden auf der Grundlage des Pro-Kopf-BIP festgelegt werden, wobei Anpassungen vorgenommen werden, um den nationalen Gegebenheiten und der Kosteneffizienz Rechnung zu tragen.                                                                                                        Während die ärmeren EU-Mitgliedstaaten das Kriterium, dass sich das Ziel am Pro-Kopf-BIP des Landes orientiert, unbedingt beibehalten wollen, wünschen sich die reicheren Staaten in der EU eine höhere Konvergenz der verschiedenen Ziele unter stärkerer Berücksichtigung des Potenzials für Kosteneffizienz. So wurde für Deutschland z.B. das Ziel für 2030 gegenüber 2005 von -38 % auf -50 % angehoben. 
Wohnungswirtschaftliche Bewertung:
Für die Wohnungswirtschaft ergibt sich eine Diskrepanz aus der Einführung eines EHS-Systems auf den Gebäudesektor und der Beibehaltung der Anwendung des Lastenteilungsverordnung für die die CO2-Reduktionsziele im Gebäudebereich. Die Lastenteilungsverordnung gilt für die Sektoren, die nicht im bisherigen EHS-System geregelt werden. Die Ausweitung des EHS-Systems auf Gebäude und die gleichzeitige Anwendung der CO2-Reduktionsziele aus der Lastenteilungsverordnung können zu einer weiteren Belastung der sozialverantwortlichen Wohnungsunternehmen und ihrer Mieter führen. Das deutsche Klimaschutzgesetz hat für den Gebäudesektor bereits jetzt ein Ziel von -59 % für 2030 (67 Mio. t) gegenüber 2005 (162 Mio. t) aufgestellt.

Erneuerbare Energien
Die Kommission überarbeitet auch die aktuelle EU-Energiegesetzgebung. In Bezug auf die Richtlinie für erneuerbare Energien (2018/2001) (RED II), die definiert, welche Energiequellen als „erneuerbar“ gelten und verbindliche Ziele für den Anteil dieser Energien am europäischen Strommix festlegt, wird es sich nicht um eine komplette Überarbeitung des EU-Rechts in diesem Bereich handeln, sondern eher um eine Reihe von Änderungen. So soll das europäische Ziel für den Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch der Union bis 2030 von mindestens 32 % auf 40 % angehoben werden. Während dieses EU-weite Ziel verbindlich sein wird, plant die Kommission derzeit nicht, verbindliche nationale Ziele festzulegen.                                                                    Es wird ein neues indikatives EU-Ziel für erneuerbare Energien in Gebäuden bis 2030 in Höhe von 49 % vorgeschlagen, jeder Mitgliedstaat soll sein eigenes indikatives Ziel melden. Neu eingeführt wird ein Verweis auf die neue Definition von „effizienter Fernwärme und -kälte“, die in die neu gefasste Energieeffizienzrichtlinie aufgenommen wird, um eine zusätzliche Option zu schaffen, Anforderungen an ein Mindestlevel erneuerbarer Energien im Neubau und bei größeren Renovierungen zu erfüllen.
Wohnungswirtschaftliche Bewertung:
Die Wohnungswirtschaft begrüßt, dass in der Richtlinie keine expliziten Mindestanteile für erneuerbare Energien im Einzelgebäude festgelegt werden, da dieses immer eine Entscheidung vor dem Hintergrund der Wirtschaftlichkeit und Effizienz der Maßnahme ist. Aber die generellen Vorschläge der Kommission der Anhebung der Anteile erneuerbarer Energien müssen auf ihre Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit, gerade im Quartiersansatz und der dezentralen Energieversorgung, überprüft werden.  Auch müssen die Regeln zur Systemintegration erneuerbarer Energien, Energiegemeinschaften und gemeinschaftlichem Eigenverbrauch noch im Detail analysiert werden.

Energie-Effizienz
Ebenso will die Kommission für die Überarbeitung der Richtlinie 2018/2002, indikative nationale Energieeffizienzziele für 2030 beibehalten. Die Richtlinie regelt, wie die nationalen Beiträge festgelegt werden, und die jährliche Verpflichtung zur Energieeinsparung für die Mitgliedstaaten fast verdoppelt werden können. Die Verpflichtung für die öffentliche Hand, jährlich 3 % seiner Gebäude zu renovieren, soll von den Gebäuden der Zentralregierung auf den gesamten öffentlichen Sektor ausgeweitet werden, um die Renovierungswelle voranzutreiben, Arbeitsplätze zu schaffen und den Energieverbrauch und die Kosten für den Steuerzahler zu senken. Diese Maßnahme soll auf alle öffentlichen Gebäude ausgedehnt werden, wobei Schulen, Krankenhäuser und Sozialwohnungen Vorrang haben sollten. Der Verweis auf die Definition der öffentlichen Hand entsprechend der EU-Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe beinhaltet aber auch die Erwägungsgründe dieser Richtlinie. Diese stellen klar, dass eine Einrichtung, die unter marktüblichen Bedingungen arbeitet, gewinnorientiert ist und die mit der Ausübung ihrer Tätigkeit einhergehenden Verluste trägt, nicht als „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ angesehen werden sollte, da die im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben, zu deren Erfüllung sie geschaffen oder mit deren Erfüllung sie beauftragt worden ist, als von gewerblicher Art anzusehen sind.
Wohnungswirtschaftliche Bewertung:
Die mögliche Ausweitung einer Sanierungspflicht auf Wohnungsbestände öffentlicher Unternehmen oder gar öffentliche geförderte Wohneinheiten ist aus Sicht der Wohnungswirtschaft sozial bedenklich. Gerade die öffentlichen Wohnungsunternehmen bieten Wohnraum für einkommensschwache Haushalte. Dass diese Unternehmen aber als privatwirtschaftliche Unternehmen organisiert sind und das volle Verlustrisiko tragen, müssen sie ihre Investitionen durch Mieteinnahmen finanzieren. Dies führt unweigerlich zu einer finanziellen Mehrbelastung der Mieter, die durch die Energieeinsparung nicht ausgeglichen werden kann. Es gilt zu prüfen, ob öffentliche Einrichtungen oder Einrichtungen mit öffentlichem Anteil, die unter marktüblichen Gegebenheiten wirtschaften und das Verlustrisiko alleine tragen, als öffentlich angesehen werden können.

Energiebesteuerung
Um die Entwicklung von erneuerbaren und kohlenstoffarmen Energien zu unterstützen, hat die Kommission auch eine Überarbeitung der Energiebesteuerungsrichtlinie (2003/96) vorgeschlagen, die Mindeststeuersätze für Energieprodukte wie Heizung, Kraftstoffe und Strom festlegt. Unter anderem sollen die Anreize für die Nutzung fossiler Brennstoffe beendet werden, indem die bestehenden Steuerbefreiungen abgeschafft werden. Derzeit profitieren fossile Brennstoffe von Steuerbefreiungen und reduzierten Steuersätzen in Höhe von rund 35 Milliarden Euro pro Jahr, knapp das Vierfache der Steuerausgaben für erneuerbare Energien.                                                                                                                          
In einer Überarbeitung der Richtlinie zur Energiebesteuerung wird vorgeschlagen, die Besteuerung von Energieerzeugnissen mit der Energie- und Klimapolitik der EU in Einklang zu bringen, saubere Technologien zu fördern und veraltete Ausnahmeregelungen und ermäßigte Steuersätze abzuschaffen, die derzeit die Verwendung fossiler Brennstoffe fördern. Die neuen Regeln sollen die Auswirkungen des Energiesteuerwettbewerbs reduzieren und den Mitgliedstaaten Einnahmen aus grünen Steuern sichern, die weniger wachstumsschädlich sind als Steuern auf Arbeit.
Wohnungswirtschaftliche Bewertung:
Aus Sicht der Wohnungswirtschaft könnte die doppelte Belastung über Energiesteuern einerseits und CO2-Bepreisung andererseits sowohl für die Vermieter als auch für die Mieter zu einer zusätzlichen Belastung führen, die die Spielräume der unternehmen für Investitionen einengt und den finanziellen Druck insbesondere für einkommensschwache Haushalte erhöht.

LULUCF
Eine weitere Initiative ist die Überarbeitung der Verordnung über Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) (2018/841). Um bis 2030 eine Nettoabsorption von 310 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent über die Kohlenstoffsenken zu erreichen, will die Kommission verbindliche nationale Ziele für einen Mindest-Nettoabbau bis 2030 festlegen. Sie möchte den Geltungsbereich auch auf Nicht-CO2-Emissionen aus dem landwirtschaftlichen Sektor ausweiten, einschließlich Methanemissionen.
Wohnungswirtschaftliche Bewertung:
Aus wohnungswirtschaftlicher Sicht ist zu prüfen, inwieweit die Erhaltung, Pflege und der Ausbau wohnungswirtschaftlicher Grünflächen, Baumbestände oder Dach- und Fassadenbegrünungen zur Nettoabsorption beitragen können.

CBAM
Die Kommission will durch das CO2-Grenzausgleichssystem (CBAM) mögliche Verlagerungen von in der EU gelegenen Produktionsstätten in Drittländer mit weniger strengen Emissionsbegrenzungsregeln verhindern. Das Risiko von „Carbon Leakage“ wird mit der Verschärfung der EU-Klimagesetzgebung zunehmen. Konkret zielt das CBAM darauf ab, Unternehmen, die Waren in die EU importieren, über einen „CBAM-Zertifikat“-Mechanismus dafür zahlen zu lassen, wenn das Herkunftsland kein Kohlenstoffpreissystem hat. Das EU-Parlament unterstützt die Grenzabgabe und fordert die Einführung des Mechanismus bis spätestens 2023, andere sind da vorsichtiger: Die europäische Aluminiumindustrie hat sich zum Beispiel schon dagegen ausgesprochen und plädiert für die Beibehaltung der kostenlosen EHS-Zertifikate.
Wohnungswirtschaftliche Bewertung:
Aus Sicht der Wohnungswirtschaft ist relevant, dass die Einnahmen aus dem CBAM teilweise für die energetische Sanierung der Gebäudebestände in den Mitgliedstaaten verwendet werden sollen. Hier ist es wichtig, ob CBAM als Steuer mit internationaler Wirkung überhaupt zustande kommt und wie die Einnahmen verplant und an die Mitgliedstaaten verteilt werden. 

Infrastruktur für alternative Kraftstoffe
Schließlich hat die Kommission einen Vorschlag für eine Überarbeitung der Richtlinie (2014/94) zum Aufbau einer Infrastruktur für alternative Kraftstoffe, einen Vorschlag für eine Verordnung über nachhaltige Kraftstoffe für Flugzeuge („ReFuelEU Aviation“) sowie einen Vorschlag für eine Richtlinie zur verstärkten Nutzung nachhaltiger alternativer Kraftstoffe im Seeverkehr („FuelEU Maritime“) vorgelegt. Die überarbeitete Verordnung über die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe wird die Mitgliedstaaten dazu verpflichten, die Ladekapazitäten im Einklang mit den Verkäufen von emissionsfreien Autos zu erweitern und in regelmäßigen Abständen Lade- und Betankungspunkte an Hauptverkehrsstraßen zu installieren: alle 60 Kilometer für das Aufladen von Elektrofahrzeugen und alle 150 Kilometer für die Betankung mit Wasserstoff. Die Kommission will die Zahl der Elektroladestationen bis 2025 auf eine und bis 2030 auf drei Millionen erhöhen.
Wohnungswirtschaftliche Bewertung: 
Aus wohnungswirtschaftlicher Sicht wird der Aufbau dieser öffentlichen Ladeinfrastruktur begrüßt. Das entbindet aber nicht davon, die verwaltungstechnischen und finanziellen Fragen des Anschlusses der Gebäude – Ladestationen an das Stromnetz zu lösen.

Zeitrahmen für das Fit for 55-Paket
Mit der Veröffentlichung der Gesetzesvorschläge hat nun der offizielle Gesetzgebungsprozess begonnen. Der Ministerrat (die betroffenen Ministerien der Mitgliedstaaten) wird seine Beratungen in den nächsten Wochen aufnehmen. Von deutscher Seite werden in jedem Fall das BMWI und das BMI beteiligt sein. Das Europäische Parlament wird spätestens bis September 2021 die federführenden Ausschüsse und seine Berichterstatter und Schattenberichterstatter für die Gesetzgebungsinitiativen benennen, die parallel zum Rat tagen und die Beratungen im Europäischen Parlament koordinieren.
Die EU-Kommission beabsichtigt, die Verhandlungen zu den vorgelegten Gesetzgebungsvorschlägen bis zum Ende des Jahres 2021 unter slowenischer Ratspräsidentschaft abzuschließen. Ab dem 1. Januar 2022 wird Frankreich die Ratspräsidentschaft der EU übernehmen. Allerdings wird die französische EU-Ratspräsidentschaft von den Präsidentschaftswahlen in Frankreich im April 2022 überschattet, so dass der politische Druck in der EU groß ist, bis zum Ende des Jahres die wesentlichen Gesetzgebungsverfahren zum Green Deal abzuschließen. In den nächsten Wochen werden voraussichtlich weitere Informationen und Präzisierungen der EU-Kommission zu den vorliegenden Gesetzesinitiativen folgen, die einige der oben aufgeworfenen Fragen beantworten können.

Özgür Dr. Özgür Öner 0032 2 5501611