9. Februar 2023 Europabrief

GdW Europabrief 02/2023

Revision der Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD)

Nachdem sich die verschiedenen Fraktionen im Europäischen Parlament (EP) am 30. Januar 2023 auf einen Kompromiss zur Revision der Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD) einigen konnten, hat der Ausschuss für Industrie, Forschung und Wirtschaft (ITRE) des EP heute (9. Februar 2023) den  Kompromissentwurf mit 49 Stimmen, 18 Gegenstimmen und 6 Enthaltungen angenommen.
Insbesondere der Punkt zu den Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz (MEPS) hatte zu intensiven und komplexen Diskussionen geführt. So wurde im Kompromissentwurf festgelegt, dass öffentliche und bestehende Nichtwohngebäude bis 2027 mindestens die Energieeffizienzklasse E und bis 2030 die Energieeffizienzklasse D erreichen sollen. Wohngebäude sollen bis 2030 mindestens die Anforderungen der Klasse E und bis 2033 die der Klasse D erreichen (im Vergleich zu F und E im Kommissionsvorschlag und D und C im ursprünglichen Berichtentwurf des EP-Berichterstatters Ciarán Cuffe (Grüne/EFA, Irland)).
Konkret bedeutet dies, dass bis 2033 die Energieeffizienzklassen G – F – E auslaufen sollen bzw. dass 45% der Wohngebäude in Deutschland innerhalb von neun Jahren saniert werden müssen. Nach ersten konservativen Rechnungen würde sich solch eine energetische Sanierung auf 125 bis 182 Mrd. EUR p.a. belaufen. Das ist mindestens dreimal mehr als die zuletzt jährlichen Investitionen in die energetische Sanierung (mit etwa 40 Mrd. EUR Tendenz sinkend).
Eine Ausnahme soll es für öffentliche Sozialwohnungen geben: Mitgliedstaaten können öffentliche Sozialwohnungen von dieser Verpflichtung befreien. Voraussetzung ist, dass solche Renovierungen nicht kostenneutral sind oder zu Mieterhöhungen führen, die nicht durch Energieeinsparungen kompensiert werden können. Diese Ausnahme gilt jedoch nur für 22% aller Wohngebäude der Effizienzklassen G – F – E und das nur bis zum 1. Januar 2037. Was Deutschland anbelangt, würde der Anteil der Sozialwohnungen, die unter diese Ausnahme fällt, geringer ausfallen, da nicht alle Sozialwohnungen von öffentlichen Wohnungsunternehmen bereitgestellt werden. Denkmalgeschützte Gebäude sollen auch von den neuen Regelungen ausgenommen werden.
Was die Einführung neuer harmonisierter Energieeffizienzausweise (EPC) betrifft, sollen diese bis zum 31. Dezember 2025 eingeführt werden. Mitgliedstaaten, die bereits ein neues System seit 2019 eingeführt haben, können es bis spätestens Ende 2029 beibehalten. Für Deutschland trifft das nicht zu, da die letzte Erneuerung 2014 durchgeführt wurde. Die Einführung neuer Energieausweise ist jedoch mit einem enormen Aufwand verbunden, da nicht nur die Ausweise, sondern auch die darauf beruhende Förderung und Gesetzgebung geändert werden müsste.
Ab 2026 sollen neue öffentliche Gebäude und ab 2028 alle anderen neuen Gebäude emissionsfrei bzw. Nullemissionsgebäude sein (im Kommissionsvorschlag war dies für 2027 und 2030 vorgesehen). Die Definition eines Nullemissionsgebäude im Bestand ist jedoch mit einem zu geringen Energiebedarf festgelegt.
Darüber hinaus sieht der Kompromissentwurf ein Verbot von Heizungsanlagen mit fossilen Brennstoffen in neuen Gebäuden vor sowie in Gebäuden, die einer größeren Renovierung, einer tiefgreifenden Renovierung oder einer Erneuerung der Heizungsanlage unterzogen werden. Dies soll ab dem Zeitpunkt der Umsetzung der EPBD in nationales Recht gelten. Bis 2035 sollen die Mitgliedstaaten diese Heizungssysteme für alle übrigen Gebäude schrittweise abschaffen. Eine Fristverlängerung ist bis 2040 möglich, sofern Mitgliedstaaten nachweisen können, dass dies bis 2035 nicht umsetzbar ist.
Im Kompromissentwurf wurde außerdem in Bezug auf Solaranlagen ein neuer Punkt aufgenommen. So sollen Mitgliedstaaten die Installation von Solaranlagen gewährleisten, „sofern dies technisch, wirtschaftlich und funktional machbar ist“. Für alle neuen öffentlichen Gebäude und Nichtwohngebäude gilt dies ab Inkrafttreten der EPBD-Revision; für alle bestehenden öffentlichen Gebäude und Nichtwohngebäude bis zum 31. Dezember 2026; für alle neuen Wohngebäude und bedachten Parkplätze bis zum 31. Dezember 2028 und für Gebäude, die einer größeren Renovierung unterzogen werden bis zum 31. Dezember 2032.
Der Punkt der Kosteneffizienz und technischen Durchführbarkeit wird auch an anderer Stelle im Kompromissentwurf aufgegriffen. So wird z.B. in Bezug auf die Ladeinfrastruktur darauf verwiesen, dass Mitgliedstaaten sicherstellen sollen, dass die Vorverkabelung so ausgelegt ist, dass sie die gleichzeitige und effiziente Nutzung der erwarteten Anzahl von Ladepunkten ermöglicht und gegebenenfalls die Installation eines Last- oder Lademanagementsystems unterstützt, „soweit dies technisch und wirtschaftlich machbar und gerechtfertigt ist“.
In der Methode zur Berechnung der Kostenoptimalität wurde neben „externen Umwelt- und Gesundheitswirkungen der Energienutzung“ auch die „externen sozialen Wirkungen der Gebäudesanierung, des Neubaus, Abrisses und der Änderungen der bebauten Umwelt“ aufgenommen. Ein wichtiger Punkt, da zu den positiven sozialen Auswirkungen eines sanierten Gebäudes auch das bezahlbare Wohnen dazugehören sollte.
Weiterhin sieht der Entwurf vor, dass Mitgliedstaaten einen nationalen Renovierungsplan erstellen müssen. Dieser sollte einen Fahrplan mit nationalen Zielen für die Bekämpfung der Energiearmut und einen Überblick über durchgeführte und geplante politische Maßnahmen sowie Finanzierungsmaßnahmen diesbezüglich enthalten.
Der Kompromissentwurf enthält außerdem einen neuen Artikel zum integrierten Quartiersansatz. Dieser sieht u.a. vor, dass Mitgliedstaaten regionale und lokale Behörden ermächtigen können, integrierte Quartiere für integrierte Renovierungsprogramme (IRP) zu ermitteln.
In einem nächsten Schritt muss der Kompromissentwurf in der Plenarsitzung des Parlaments vom 13.-16. März 2023 angenommen werden, damit die Trilogverhandlungen zwischen EP, Rat und Kommission beginnen können.
Ein Kompromiss zwischen dem Berichterstatter und den Schattenberichterstattern sieht vor, dass Änderungsanträge für die die Plenarabstimmung eingereicht werden können. Insbesondere die EVP-Fraktion im EP hatte noch weiteren Beratungsbedarf angemeldet.

Özgür Dr. Özgür Öner 0032 2 5501611