25. März 2020 Europabrief

GdW Europabrief 01/2020

Konsultation zu Gründung des „Just Transition Fund“ für die Jahre 2021-2027

Die EU-Kommission hat eine Konsultation zur Verordnung über die Gründung des „Just Transition Fund“ für die Jahre 2021-2027 eingeleitet, an dem sich Interessierte bis zum 12. März 2020 beteiligen können.
Hintergrund für die Konsultation ist die im Investitionsplan für ein nachhaltiges Europa angekündigte Gründung eines Just Transition Fund-JTF (Fonds für den gerechten Wandel). Der Just Transition Fund wird sich auf die Regionen und Sektoren konzentrieren, die aufgrund ihrer Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, einschließlich Kohle, Torf und Ölschiefer oder treibhausgasintensiven Industrieprozessen, am stärksten vom Übergang betroffen sind. Insgesamt ist die Kohleinfrastruktur in 108 europäischen Regionen vorhanden, und fast 237.000 Menschen sind in kohlebezogenen Tätigkeiten beschäftigt, während fast 10.000 Menschen in der Torfgewinnung und etwa 6.000 in der Ölschieferindustrie beschäftigt sind.
Der Mechanismus wird aus drei Säulen bestehen:

  • einem Just Transition Fund, der im Rahmen der gemeinsamen Verwaltung von Kommission und Mitgliedstaaten umgesetzt wird,
  • einem speziellen Programm im Rahmen von InvestEU und
  • einer Darlehensfazilität der öffentlichen Hand mit der EIB-Gruppe zur Mobilisierung zusätzlicher Investitionen in den betroffenen Regionen.

Der Just Transition Fund wird in erster Linie für die Bereitstellung von Zuschüssen verwendet werden; das spezielle Übergangsprogramm im Rahmen von InvestEU wird private Investitionen fördern, und die Partnerschaft mit der EIB wird den öffentlichen Finanzierungsanteil erhöhen.
Der Just Transition Fund wird als neuer Fonds zu den bestehenden Finanzierungsinstrumenten EFRE, dem Kohäsionsfonds und dem ESF+ geschaffen. Die Haushaltsmittel für den Just Transition Fund sollen sich auf 7,5 Milliarden Euro belaufen, die die Mitgliedstaaten einzahlen sollen. Die Mittel können zu einem späteren Zeitpunkt erhöht werden.
Der Just Transition Fund soll durch ein spezielles Programm für den Strukturwandel im Rahmen von InvestEU ergänzt werden, um den Übergang zu kohlenstoffarmen und klimabeständigen Aktivitäten, wie Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienzsysteme, zu unterstützen. Im Rahmen dieses Programms können auch Finanzmittel für die Energie- und Verkehrsinfrastruktur, einschließlich Gasinfrastruktur und Fernwärme, aber auch für Dekarbonisierungsprojekte, die wirtschaftliche Diversifizierung der Regionen und die soziale Infrastruktur bereitgestellt werden. Darüber hinaus soll eine neue Darlehensfazilität für den öffentlichen Sektor, die zusammen mit der EIB eingerichtet werden wird, den Kommunen subventionierte Finanzierungen zugunsten der betreffenden Regionen zur Verfügung stellen. Die EU-Unterstützung könnte unter anderem in Form einer Zinsvergütung oder eines Investitionszuschusses aus dem EU-Haushalt erfolgen, die mit Darlehen der EIB an kommunale, regionale und andere öffentliche Behörden gemischt werden.
Der Just Transition Fund wird ausschließlich folgende Aktivitäten unterstützen:

a) produktive Investitionen in KMU, einschließlich Neugründungen von KMU, die zur wirtschaftlichen Diversifizierung und Umstellung führen;
b) Investitionen in die Gründung neuer Unternehmen, auch durch Gründerzentren und Beratungsdienste;
c) Investitionen in Forschungs- und Innovationsaktivitäten sowie die Förderung des Transfers fortgeschrittener Technologien;
d) Investitionen in den Einsatz von Technologien und Infrastrukturen für erschwingliche saubere Energie, in die Verringerung der Treibhausgasemissionen, in Energieeffizienz und erneuerbare Energien;
e) Investitionen in die Digitalisierung und die digitale Konnektivität;
f) Investitionen in die Sanierung und Dekontaminierung von Standorten, in die Wiederherstellung von Land und in Projekte zur Neuverwendung;
g) Investitionen in die Verbesserung der Kreislaufwirtschaft, unter anderem durch Abfallvermeidung, -reduzierung, Ressourceneffizienz, Wiederverwendung, Reparatur und Recycling;
h) Höherqualifizierung und Umschulung von Arbeitnehmern;
i) Unterstützung bei der Arbeitssuche für Arbeitssuchende;
j) Inklusionsmaßnahmen für Arbeitssuchenden;
k) technische Unterstützung.

Explizit ausgeschlossen von der Unterstützung durch den Just Transition Fund sind:
a) die Stilllegung oder der Bau von Kernkraftwerken;
b) die Herstellung, Verarbeitung und Vermarktung von Tabak und Tabakprodukten;
c) Unternehmen in Schwierigkeiten;
d) Investitionen im Zusammenhang mit der Herstellung, Verarbeitung, Verteilung, Lagerung oder Verbrennung von fossilen Brennstoffen;
e) Investitionen in die Breitbandinfrastruktur in Gebieten, in denen mindestens zwei Breitbandnetze der gleichen Kategorie vorhanden sind.

Auch wenn in der Verordnung die Förderung aller Mitgliedstaaten durch den „Just Transition Fund“ für die Jahre 2021-2020 in Aussicht gestellt wird, hat sich in den politischen Diskussionen herauskristallisiert, dass die Mittel wohl ausschließlich als Hilfe für den Strukturwandel in den Kohleförderregionen Europas vorgesehen sind. Dabei sollen die Finanzmittel des Just Transition Fund von 7,5 Milliarden Euro ähnlich dem Juncker-Fonds gehebelt werden, um Investition von etwa 100 Milliarden Euro zu ermöglichen.
Für die Wohnungswirtschaft in Deutschland kann dieser neue Fonds mit Blick auf die Kohleregionen in NRW, Brandenburg, Sachsen oder Sachsen-Anhalt relevant werden. In den förderfähigen Aktivitäten listet die Kommission im Spiegelstrich d) auf: Investitionen in den Einsatz von Technologien und Infrastrukturen für erschwingliche saubere Energie, in die Verringerung der Treibhausgasemissionen, in Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Hier ist es denkbar, dass Investitionen in die Verringerung der Treibhausgasemissionen, in Energieeffizienz und erneuerbare Energien unterstützt werden können. Dies gilt es nach der Einrichtung des Fonds mit dem Bund und den Bundesländern zu klären.

Özgür Dr. Özgür Öner 0032 2 5501611