20. Dezember 2021 Europabrief

GdW Europabrief 16/2021

EU-Kommission legt Vorschlag zur Überarbeitung der Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD) vor

Die Europäische Kommission hat am 15. Dezember 2021 ihren Vorschlag zur Überarbeitung der Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD) veröffentlicht. Die Revision der EPBD ist Teil des im Juli 2021 vorgelegten „Fit for 55“-Pakets und ergänzt die dort aufgeführten Maßnahmen, um das Ziel, bis 2050 einen emissionsfreien Gebäudebestand zu erreichen. Insbesondere wird das Zusammenspiel zwischen der EPBD, dem Emissionshandelssystem für Gebäude und Verkehr (EHS2) und dem Klima-Sozialfonds von Wichtigkeit sein. Mit der überarbeiteten Richtlinie soll bis 2050 ein emissionsfreier und vollständig dekarbonisierter Gebäudebestand erreicht werden.
Durch die Renovierung sollen Gebäude energieeffizienter und unabhängiger von fossilen Brennstoffen gemacht werden. Weiterhin soll laut EU-Kommission die Renovierung von Gebäuden die Senkung des Energieverbrauchs, der Emissionen und der Energiekosten herbeiführen, Arbeitsplätze schaffen und das Wirtschaftswachstum ankurbeln.
Eine wesentliche Neuerung in der Richtlinie ist die Einführung von Mindesteffizienzstandards (MEPS). So soll bis spätestens 2030 kein Gebäude mehr der schlechtesten Effizienzklasse G angehören.
In diese Klasse wiederum will die Kommission 15 % des Gebäudebestandes eingruppieren, das entspricht in Deutschland ca. 3 Millionen Gebäuden. So entsteht die schon in der EU-Renovierungswelle geforderte Sanierungsrate von 2 %. Da bis 2033 zudem kein Gebäude mehr der Klasse F angehören soll, entsteht zusammengerechnet sogar eine Sanierungsrate von 3 %.
Darüber hinaus überlässt die Kommission den Mitgliedstaaten die Entscheidung, ob sie zusätzlich eigene Standards festlegen wollen. Sie erwartet jedoch von ihnen, dass sie einen angemessenen Unterstützungsrahmen für die MEPS bereitstellen. Dieser soll u.a. finanzielle Unterstützung, technische Hilfe, Beseitigung nichtfinanzieller Barrieren und Beobachtung sozialer Auswirkungen beinhalten.
Weiter ist im Vorschlag vorgesehen, dass ab 2030 alle neuen Gebäude emissionsfrei sind. Für öffentliche Gebäude soll dies bereits ab 2027 gelten.
Energieausweise sollen mit klaren und verbesserten Informationen ausgestattet werden. Die Ausweispflicht wird auf Gebäude, die einer größeren Renovierung unterzogen werden, auf Gebäude für die ein Mietvertrag verlängert wird, sowie auf alle öffentlichen Gebäude ausgedehnt.
Gebäude oder Gebäudeeinheiten, die zum Verkauf oder zur Miete angeboten werden, müssen ebenfalls über einen Ausweis verfügen. Außerdem muss die Energieklasse in allen Anzeigen angegeben und bis 2025 eine Harmonisierung der Energieausweise vorgenommen werden.
Zudem sieht der EPBD-Vorschlag die Vorverkabelung aller Parkflächen vor, was eine komplette Elektrifizierung aller Parkplätze bedeutet. Gleichzeitiges Laden an allen Parkplätzen soll ermöglicht werden und Lademöglichkeiten ohne vorherige Zustimmung des Vermieters oder des Wohnungseigentümers gebaut werden können.
Die Mitgliedstaaten werden dazu verpflichtet, ihren nationalen Gebäudesanierungsplan in ihre nationalen Energie- und Klimapläne (NECPs) vollständig zu integrieren.
Auch wenn im Vorschlag neben der Energieeffizienz auch die Treibhausgasreduktion als Ziel definiert wird und der Fokus auf die Bezahlbarkeit des Wohnens liegt, schafft der Vorschlag es (noch) nicht, Klimaschutz und bezahlbares Wohnen zu vereinbaren.
Aus Sicht der Wohnungswirtschaft ist bedauerlich, dass in den Berechnungen und vorgeschlagenen Maßnahmen lediglich Einzelgebäude im Fokus stehen.
Um echte Erfolge zu erzielen, muss das ganze Wohnquartier und nicht nur das einzelne Gebäude einbezogen werden. Ein Quartiers- und Flottenansatz könnte jedoch schnellere und kostengünstigere Treibhausgasminderungen bewirken.
Einer notwendigen kurzfristigen Verdoppelung der Sanierungsrate infolge der Richtlinie und später weiteren Erhöhungen stehen zudem jetzt schon sehr knappe Handwerkskapazitäten im Weg. Wenn die Sanierungsrate allerdings nicht schnell erhöht werden kann, entsteht in wenigen Jahren ein Sanierungsstau. Der zunehmende Nachfragedruck wird die Preise weiter hochtreiben.
Die Wohnungsunternehmen werden bei den notwendigen Investitionen dann unter starken Druck geraten, da neben der Modernisierung der Gebäude mit dem höchsten Energieverbrauch der Klassen G und E kaum noch Mittel für den Wohnungsbestand und -neubau zur Verfügung stehen.

Mit der Vorlage des Gesetzgebungsvorschlags, werden im nächsten Schritt, voraussichtlich im Januar 2022, die Bericht- und Schattenberichterstatter im Europäischen Parlament festgelegt.
Die Trilogverhandlungen zwischen Rat, Europäischen Parlament und Kommission werden voraussichtlich im Februar unter der französischen Ratspräsidentschaft beginnen. Die EU-Kommission beabsichtigt, den Gesetzgebungsprozess bis zum Sommer 2022 abzuschließen, was jedoch unwahrscheinlich ist.

Özgür Dr. Özgür Öner 0032 2 5501611