27. Juli 2022 Europabrief

GdW Europabrief 08/2022

Studie der Europäischen Kommission zu Wärme und Kälte

Die Studie „Übersicht über die Fernwärme- und Fernkältemärkte und den regulatorischen Rahmen im Hinblick auf die überarbeitete Richtlinie über erneuerbare Energien“ bietet einen Überblick über die europäischen Fernwärme- und Fernkältemärkte in der EU. An der Studie waren unter anderem auch das Öko-Institut und das Fraunhofer-Institut beteiligt.
Die Studie zielt darauf ab, eine tiefgreifende Analyse des Fernwärme- und Fernkältemarktes sowie des politischen Rahmens und der kommunalen Vorschriften, die sich auf den Gebäudesektor und die Industrie auswirken, zu liefern.
Außerdem wurden die verschiedenen Möglichkeiten zur weiteren Integration von erneuerbaren Energien und Abwärme- und Kältequellen in lokale Energiesysteme untersucht. Zur Veranschaulichung der aktuellen Best Practices werden zehn europäische Fallstudien von Wärme- und Kältesystemen, die erneuerbare Energien sowie Abwärme und -kälte nutzen, analysiert.
Im Jahr 2018 belief sich der Endenergieverbrauch von Fernwärme in der EU-27 auf ca. 445 TWh (was für den Wohn- und den Dienstleistungssektor 12 % des Endenergieverbrauchs für Heizung und Warmwasser entspricht), hauptsächlich im Wohnsektor (52 %), während Fernkälte 3,1 TWh ausmachte, hauptsächlich im Dienstleistungssektor.
Im Wohnungssektor der EU-27 ist der Fernwärmeanteil in den skandinavischen und baltischen Ländern am höchsten (z. B. Schweden 50 %, Dänemark 46 %, Litauen 40 %, Estland 39 %), während er in mehreren Mitgliedstaaten unter 1 % liegt (z. B. Belgien, Irland, Spanien). Zwei Drittel des Angebots werden mit fossilen Brennstoffen (hauptsächlich Erdgas) erzeugt, während Biomasse, Biokraftstoffe und erneuerbare Abfälle die wichtigsten kohlenstoffarmen Brennstoffe sind, die ca. 27 % ausmachen. 
Das im Dezember 2021 veröffentlichte Projekt „Policy Support for Heating and Cooling Decarbonisation“ (Politische Unterstützung für die Dekarbonisierung des Wärme- und Kältesektors) zielte hingegen konkret darauf ab, Ansätze und Lösungen für die Dekarbonisierung des europäischen Wärme- und Kältesektors zu untersuchen, die angesichts der zentralen Rolle des Wärme- und Kältesektors für die Energienachfrage entscheidend für den Erfolg des Übergangs zu einem klimaneutralen Energiesystem ist. Ziel war es, einen Fahrplan zu erstellen, der die Komplexität der Dekarbonisierung des Wärme- und Kältesektors aufzeigt.
Aus der Studie geht hervor, dass es keine allgemeingültige Lösung gibt, sondern vielmehr verschiedene und miteinander kombinierbare Optionen. Der Weg zu einem vollständig dekarbonisierten Wärme- und Kältesystem hängt von den spezifischen Bedingungen der einzelnen Mitgliedstaaten, Regionen, Gemeinden und sogar Stadtteile ab.
In einigen Fällen könnte der Schwerpunkt auf der Elektrifizierung durch den Einsatz von Wärmepumpen liegen, in anderen auf Fernwärme und -kühlung oder auf der Nutzung verschiedener Wärmequellen. Die verschiedenen Energiequellen, Energieträger, Infrastrukturen und Technologien werden im spezifischen Mix eines jeden Mitgliedstaats in unterschiedlichem Maße eine Rolle spielen.
Daher sollten die Staaten nicht darauf abzielen, die bestehende Erdgasnachfrage vollständig durch erneuerbare Gase zu ersetzen, sondern vielmehr das wertvolle, aber begrenzte Angebot an erneuerbarem Gas in Sektoren einsetzen, in denen es nicht viele brauchbare Alternativen gibt.
Zum Schluss wird darauf hingewiesen, dass entlang der Wertschöpfungskette mehr Arbeitskräfte benötigt werden und dass das Tempo der energetischen Renovierung sich in den kommenden Jahren dramatisch beschleunigen muss, um die Dekarbonisierung des Wärme- und Kältesektors zu erreichen.

Özgür Dr. Özgür Öner 0032 2 5501611