20. April 2023 Europabrief

GdW Europabrief 05/2023

EU-Kommission veröffentlicht Vorschlag zur Reform des EU-Strommarktes

Die Europäische Kommission hat am 14. März 2023 ihren Vorschlag zur Reform des EU-Strommarktes veröffentlicht. Der Vorschlag zielt darauf ab, die hohen und volatilen Energiepreise für Verbraucher und Unternehmen zu dämpfen. Gleichzeitig sollen Energiesouveränität und Klimaneutralität gewährleistet werden. Eine umfassende Überarbeitung mehrerer EU-Rechtsvorschriften ist daher vorgesehen: insbesondere die Elektrizitätsverordnung, die Elektrizitätsrichtlinie und die REMIT-Verordnung.
So soll die Stabilität und Vorhersehbarkeit der Energiekosten für die Verbraucher verbessert sowie die Abhängigkeit von Preisen für fossile Brennstoffe reduziert werden. Dies soll nicht durch eine Änderung des Preisbildungsmechanismus auf dem kurzfristigen Markt erreicht werden, sondern auch durch die Förderung des Zugangs zu stabileren langfristigen Verträgen.
Diese langfristigen Maßnahmen sollen in Form von „Power Purchase Agreements“ (PPA) und zweiseitigen Differenzverträgen (CfD) ermöglicht werden.
Des Weiteren zielt die Reform auch darauf ab, die Liquidität auf den Märkten für langfristige Verträge zu erhöhen, in denen künftige Preise festgelegt werden.
Neue Verpflichtungen sollen eingeführt werden, um die Integration erneuerbarer Energien zu erleichtern und die Vorhersehbarkeit ihrer Erzeugung zu verbessern. Dazu gehören Transparenzverpflichtungen für Netzbetreiber in Bezug auf Netzengpässe, aber auch die Anwendung von Preisverhandlungsfristen, die näher an der Echtzeit liegen werden.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen zielen auch darauf ab, die Effizienz der Kurzzeitmärkte zu verbessern, damit die Marktteilnehmer im Bereich der erneuerbaren Energien mehr Handelsmöglichkeiten haben.
Projektentwickler, die an einer öffentlichen Ausschreibung teilnehmen, können für erneuerbare und kohlenstoffarme Energien einen Teil der Produktion für den Verkauf im Rahmen eines PPA reservieren. Darüber hinaus werden die Stromeinzelhandelsunternehmen verpflichtet sein, sich angemessen abzusichern, d. h. sicherzustellen, dass sie sich beim Stromeinkauf nicht nur auf die kurzfristigen Märkte, sondern auch auf die längerfristigen Märkte verlassen.
Zweiseitige Differenzverträge werden verpflichtend sein, wenn Mitgliedstaaten öffentliche Beihilfen für Investitionen in neue kohlenstoffarme, nicht-fossile Stromerzeugungsanlagen bereitstellen wollen. Dies gilt auch für Investitionen in die Wiederbelebung und Verlängerung der Lebensdauer von Stromerzeugungsanlagen.
Ziel ist es, Projektentwicklern von erneuerbaren und kohlenstoffarmen Energien sichere Investitionsbedingungen zu bieten. Gleichzeitig soll das Risiko und die Kapitalkosten verringert und Mitnahmeeffekte in Zeiten steigender Preise vermieden werden.
Verbraucher sollen eine größere Auswahl an Verträgen haben. Dabei steht die Flexibilität im Vordergrund. So können sie von langfristigen Festverträgen profitieren, aber auch feste und dynamische Verträge kombinieren, um Preisschwankungen auszunutzen und Energie dann zu verbrauchen, wenn sie am günstigsten ist (z. B. um ein Elektrofahrzeug aufzuladen oder eine Wärmepumpe zu betreiben).
Der Vorschlag sieht außerdem vor, Vereinbarungen über die gemeinsame Nutzung von Energie zwischen Kleinverbrauchern zu fördern. Dies ermöglicht einer Gruppe von Verbrauchern den Zugang zur Selbsterzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen. Entweder durch einen einzelnen Verbraucher gemeinsam mit anderen Verbrauchern oder durch mehrere Verbraucher, die gemeinsam eine Erzeugungsanlage außerhalb des Gebäudes besitzen.
Für den Fall des Konkurses oder des Ausfalls eines Versorgers müssen alle Mitgliedstaaten einen Versorger der letzten Instanz einrichten, damit Verbraucher nicht ohne Strom dastehen. Darüber hinaus wird es den Mitgliedstaaten untersagt, Menschen, die von Energiearmut betroffen sind, den Strom abzustellen.
Im Falle einer Krise dürfen die Mitgliedstaaten regulierte Endkundenpreise auf Haushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ausdehnen.
Um die Flexibilität des Elektrizitätssystems zu verbessern, sind die Mitgliedstaaten nun verpflichtet, ihren Bedarf zu ermitteln. Um die Nachfrage zu decken und die Speicherung zu steuern, können sie neue Förderregelungen einführen.
Das Prinzip der Lastspitzenkappung soll außerdem erweitert werden.
Die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) und die nationalen Regulierungsbehörden werden die Integrität und Transparenz der Energiemärkte überwachen, um wettbewerbsfähige Märkte und eine transparente Preisgestaltung zu gewährleisten. Mit der Überarbeitung der Verordnung über die Integrität und Transparenz der Energiegroßhandelsmärkte (REMIT) soll eine bessere Datenqualität gewährleistet und die Rolle der ACER bei der Untersuchung von grenzüberschreitendem Marktmissbrauch gestärkt werden.

Özgür Dr. Özgür Öner 0032 2 5501611