23. Mai 2022 Europabrief

GdW Europabrief 05/2022

Bezahlbarkeit des Wohnens in der EU

In einem Hintergrundpapier der Europäischen Kommission hat die Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen Daten über die Entwicklung des Wohnungsmarktes im Euroraum vorgelegt, mit besonderem Schwerpunkt auf der Bezahlbarkeit von Wohnraum.
Nach Angaben der Kommission seien die Hauspreise im gesamten Euroraum seit fast einem Jahrzehnt stetig gestiegen, und während der Pandemie habe sich das Wachstum der Hauspreise weiter beschleunigt, so dass die aktuellen Preise höher seien als bei Ausbruch der globalen Finanzkrise im Jahr 2008. Das jährliche Wachstum der Hauspreise im dritten Quartal 2021 war das höchste seit 2013 und lag im Euroraum insgesamt bei 10 %, in acht Ländern sogar bei über 30 %. In fast allen Ländern sind Mieter, die zu Marktpreisen mieten, am stärksten belastet, und in mehreren Mitgliedstaaten gibt ein erheblicher Teil der Mieter über 40 % ihres Einkommens für das Wohnen aus.
Dennoch wird hervorgehoben, dass sich der derzeitige Anstieg der Immobilienpreise von dem vor 2008 unterscheide, da er durch ein begrenztes Angebot und nicht durch das Wachstum der Hypotheken angetrieben werde.
Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass die Verschlechterung der Bezahlbarkeit von Wohnraum vor allem durch den Rückgang von Wachstum und Investitionen verursacht wurde. Dies wiederum kann erhebliche wirtschaftliche Folgen haben, auch hinsichtlich der gedämpften Gesamtnachfrage im gesamten Euroraum. Der Anreiz, Kredite aufzunehmen, um von steigenden Preisen zu profitieren, könne produktive Investitionen verdrängen und somit das Wachstum untergraben.
Die sozialen Auswirkungen der abnehmenden Bezahlbarkeit von Wohnraum spielen ebenfalls eine wichtige Rolle und können zusätzliche Folgen haben, wie z. B. die Verschärfung des demografischen Drucks in Verbindung mit niedrigeren Geburtenraten.
Die Wohnungsmärkte in den einzelnen Ländern weisen erhebliche Unterschiede auf, die über die Höhe und das Wachstum der Hauspreise und den damit verbundenen Druck auf die Bezahlbarkeit von Wohnraum hinausgehen, wie z. B. die Wohneigentumsquote, die unterschiedliche Größe und Regulierung der Mietmärkte, die relative Höhe der Hypothekenschulden und ihre Struktur sowie der Anteil der von den Haushalten gehaltenen Finanzanlagen.
Um den progressiven Anstieg der Wohnkosten und den daraus resultierenden Druck auf die Bezahlbarkeit effektiv einzudämmen, bedarf es politischer Maßnahmen, die ein ausreichendes Angebot sicherstellen, um der Knappheit der Nachfrage entgegenzuwirken, so die Kommission.
Bei der Erhöhung des Angebots gehe es jedoch nicht nur um den Bau, sondern auch um die Anpassung des vorhandenen Bestands an den Wohnungsmarkt. So könnten Maßnahmen ergriffen werden, um die Anreize für die Nutzung leerstehender Wohneinheiten zu erhöhen. Ferner wird betont, dass die Entwicklung der Immobilienpreise nicht nur im Hinblick auf die Risiken für die Finanzstabilität, sondern auch im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Bezahlbarkeit für die Haushalte betrachtet werden sollte.
Die Mitgliedstaaten könnten untersuchen, ob die Vereinfachung der Regulierung und des Genehmigungsverfahrens für neue Immobilienprojekte vorangetrieben werden sollte, während gleichzeitig ökologische Aspekte beachtet werden sollten.
Schließlich könnten sie prüfen, ob weniger verzerrende Wohnungssteuern (z. B. eine Grundsteuer auf der Grundlage des Bodenwerts), die die Bezahlbarkeit von Wohnraum verbessern, wirtschaftlich attraktiv sein könnten.

Özgür Dr. Özgür Öner 0032 2 5501611