13. April 2021 Europabrief

GdW Europabrief 05/2021

Urteil des EuGH zur Rufbereitschaft als Arbeitszeit

In zwei Urteilen vom 9. März 2021 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) festgelegt, dass der Bereitschaftsdienst in Form von Rufbereitschaft nur dann zur Arbeitszeit und nicht zur Ruhezeit zählt, wenn Arbeitnehmer dabei ganz erheblich in der Gestaltung ihrer Freizeit beeinträchtigt werden. (Rechtssachen C 580/19 und C 344/19)
Um festzustellen, ob Arbeitszeit vorliegt, muss das vorlegende nationale Gericht im Einzelfall entscheiden. Dabei sollten bestimmte Kriterien berücksichtigt werden: Die Zeit, die ein Arbeitnehmer, der zur sofortigen Verfügung seines Arbeitgebers an seinem Arbeitsplatz bleiben muss, ist als Arbeitszeit einzustufen; d.h. wenn er sich außerhalb seines familiären und sozialen Umfelds aufhalten muss und während dieses Zeitraums weniger frei über die Zeit verfügen kann, ganz unabhängig von den Arbeitsleistungen, die tatsächlich erbracht werden.
Es kommt allerdings auf die Frage an, wie stark seine Freizeit durch die Rufbereitschaft eingeschränkt ist. Für die Beurteilung könnten nur die Beschränkungen berücksichtigt werden, die dem Arbeitnehmer durch die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, durch einen Tarifvertrag oder durch seinen Arbeitgeber auferlegt werden, insbesondere durch den Arbeitsvertrag, die Arbeitsordnung oder den Bereitschaftsdienst. Dabei sind u. a. auch die Reaktionszeit sowie die durchschnittliche Anzahl und Dauer der Einsätze zu beachten. Wird der Bereitschaftsdienst als Ruhezeit eingestuft, so muss er in die Berechnung der täglichen und wöchentlichen Mindestruhezeiten einbezogen werden.
Bereits in seinem Urteil vom 21.02.2018 hatte der EuGH beschlossen, dass auch ein zu Hause verbrachter Bereitschaftsdienst, bei dem sich ein Arbeitnehmer nach Aufforderung innerhalb von acht Minuten zu einem Einsatz melden muss, als Arbeitszeit gilt. Nun wurde eindeutig klargestellt, dass die Frage der Vergütung durch nationale Gesetze, Tarif- oder Arbeitsverträgen geregelt werden muss und dass keine europarechtliche Vorschrift diesbezüglich anwendbar ist.

Für die Organisation der Hausmeisterdienste in der Wohnungswirtschaft dürfte diese Klarstellung hilfreich sein.

Özgür Dr. Özgür Öner 0032 2 5501611