GdW Europabrief 05/2021
Veröffentlichung der Studie „The State of Housing in Europe 2021“
Das Observatorium des Europäischen Dachverbands Housing Europe hat am 26. März 2021 seine neueste Studie zur Lage der Wohnungswirtschaft in Europa 2021 vorgestellt. Fast mehr als ein Jahr nach Beginn der globalen Pandemie liefert der Bericht eine erste Analyse der Auswirkungen der COVID-19-Krise auf die öffentlichen, genossenschaftlichen und sozialen Wohnungsunternehmen und unsere Gesellschaft. Der Bericht verdeutlicht die alarmierende Wohnsituation in 21 Ländern und bietet konkrete politische Empfehlungen zur Bewältigung wesentlicher Herausforderungen für einen angemessenen, nachhaltigen, inklusiven und bezahlbaren Wohnraum an.
Die Ergebnisse der Studie wurden von Alice Pittini, Direktorin des Observatoriums, präsentiert und von einem hochrangigen Expertengremium aus dem Europäischen Parlament, der Europäischen Kommission und dem portugiesischen EU-Ratsvorsitz diskutiert. So wurde der Zusammenhang zwischen Wohnen und Gesundheit, die neuesten Entwicklungen in der Wohnungspolitik, und die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne der Mitgliedstaaten und deren Bedeutung für Wohnen, erörtert.
Die Pandemie hat die maßgebliche Rolle von angemessenem und bezahlbarem Wohnraum verdeutlicht und die Korrelation zwischen angemessenem Wohnraum und Gesundheit hervorgehoben. So zeigen Daten auf, dass bereits ein Anstieg von 5 % der Haushalte in schlechten Wohnverhältnissen zu einem um 50 % höheren Risiko des Auftretens des Virus und zu einer 42 %igen Wahrscheinlichkeit führt, den Kampf gegen Corona zu verlieren.
Laut der Studie übertrifft das Wachstum der Immobilienpreise das des Einkommens weiterhin. Während sich die Wohnungsmärkte von der globalen Finanzkrise im Jahr 2009 erholt haben, sind die durchschnittlichen Wohnungspreise im Privatsektor der EU in den letzten zehn Jahren um über 30 % und die Mieten um fast 15 % gestiegen. Laut der OECD werden die hohen Wohnkosten in Verbindung mit der steigenden Arbeitslosenquote aufgrund von COVID-19 zu einer höheren Nachfrage nach sozialem und bezahlbarem Wohnraum führen. Eine Nachfrage, die zu einem bereits großen ungedeckten Bedarf hinzukommt, und in manch einem Land sogar zu einer Verdoppelung der Wartelisten führen wird.
Anbieter von sozialem und bezahlbarem Wohnraum sehen bereits jetzt die Folgen der Pandemie in Gemeinschaften und Nachbarschaften. Die Wohnungsunternehmen gehen bereits Extrameilen, um Bewohner und Mieter zu unterstützen. Dazu gehört: die Verhinderung von Obdachlosigkeit und die Förderung von Inklusion, indem Mietzahlungen angepasst werden, die Unterstützung beim Zugang zu Sozialhilfe, regelmäßige Kontaktaufnahme mit den Schwächsten, Sicherstellung der Digitalisierung und der Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, und das Überdenken der Gestaltung von Wohnungen und Nachbarschaften. Der soziale und bezahlbare Wohnungssektor wird auch weiterhin Menschen, Gemeinschaften und die Wirtschaft schützen.
Auch wenn 2020 die meisten Regierungen in Europa schnelle und wirksame Sofortmaßnahmen ergriffen haben, um Einkommen zu unterstützen oder vorübergehend Räumungen zu untersagen, zeigt ein schneller Realitätscheck jedoch, dass es noch keinen nachhaltigen Trend bei langfristigen Investitionen in sozialen oder bezahlbaren Wohnraum gibt. So betonte Bent Madsen, Präsident von Housing Europe, dass „öffentliche, genossenschaftliche und soziale Wohnungsunternehmen an der Schnittstelle dieser gemeinsamen Herausforderung stehen und fordern, dass wir unsere Finanzen und Politik auf die unmittelbare Ankurbelung der Wirtschaft, aber auch auf den langfristigen sozialen und ökologischen Wandel, ausrichten.“