GdW Europabrief 03/2024
- GdW Europabrief 03/2024
- Rat verabschiedet Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD)
- Informelles EU-Bauministertreffen in Lüttich
- EP und Rat billigen Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt
- Verordnung über die Wiederherstellung der Natur
- Veröffentlichung des 9. Kohäsionsberichts
- Aktuelles zur Neuen Europäischen Bauhaus Initiative
Rat verabschiedet Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD)
Nachdem das Europäische Parlament bereits im Februar dieses Jahres der politischen Einigung zur Revision der Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD) zugestimmt hat, hat nun auch der Rat am 12. April 2024 den überarbeiteten Text angenommen. Damit ist nach mehr als zwei Jahren intensiver Diskussionen eines der wichtigsten Gesetzesvorhaben für den Gebäudebestand auf europäischer Ebene abgeschlossen. Mit der Richtlinie wird das Ziel verfolgt, bis 2050 einen klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen.
Mit Blick auf die ursprünglichen Forderungen der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments stellt das Ergebnis zunächst einen annehmbaren Kompromiss dar. Die Ziele für Wohngebäude bleiben jedoch sehr ambitioniert, und sind nur realisierbar, sofern national der Rahmen der Förderung energetischer Sanierungen und des Neubaus beibehalten wird.
Für die Wohnungswirtschaft, die sich sehr stark in den Prozess eingebracht hat, spiegeln sich die Ergebnisse in den folgenden wesentlichen Punkten wider:
- Mindestnormen für die Gesamtenergieeffizienz (MEPS) wird es für Wohngebäude nicht geben: Für Wohngebäude müssen die Mitgliedstaaten nationale Zielvorgaben festlegen, um den Primärenergieverbrauch bis 2030 um 16% und bis 2035 um 20-22% zu senken. 55% der Reduzierung des Energieverbrauchs müssen durch die Renovierung der 43 % energieineffizientesten Gebäude in einem Mitgliedstaat erreicht werden.
- Nichtwohngebäude: Für Nichtwohngebäude gilt, dass bis 2030 16% der am wenigsten effizienten Nicht-Wohngebäude („worst performing buildings“) und bis 2033 26% renoviert werden müssen. Die Mitgliedstaaten können entscheiden, ob sie den Energieverbrauch durch primäre oder endgültige Messwerte angeben. Es besteht auch die Möglichkeit, bestimmte Gebäude auszunehmen.
- Energieausweise: Es wird keine Harmonisierung der Energieausweise auf europäischer Ebene geben.
- Solarenergie: Wenn technisch und wirtschaftlich möglich, müssen die Mitgliedstaaten schrittweise Solarenergieanlagen auf Nichtwohngebäuden und in allen neuen Wohngebäuden ab dem 31.12.2026 installieren. Bei Wohngebäuden gilt diese Pflicht ab dem 31.12.2029.
- Heizkessel für fossile Brennstoffe: Die Mitgliedstaaten müssen in ihren nationalen Sanierungsfahrplänen das Verbot von Heizkesseln für fossile Brennstoffe bis 2040 vorsehen. Subventionen für die Installation mit fossilen Brennstoffen betriebenen Einzelkesseln sind ab dem 1. Januar 2025 nicht mehr zulässig.
- Renovierungswelle: Die EPBD legt Renovierungsziele fest, die nun in nationale Gebäudesanierungspläne übernommen werden müssen.
- Ausnahmen: Landwirtschaftliche Gebäude und denkmalgeschützte Gebäude sind von dieser Richtlinie ausgenommen, und die Mitgliedstaaten können weitere Gebäude aufgrund historischer, religiöser oder anderer Kriterien ausnehmen.
Nun, da die formelle Zustimmung der beiden EU-Gesetzgeber erfolgt ist, muss die Gebäuderichtlinie innerhalb von zwei Jahren nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in nationales Recht umgesetzt werden. In Deutschland wird die Gebäuderichtlinie im GEG umgesetzt.
Bei der Umsetzung sind daher die finanzielle Leistungsfähigkeit der sozial orientierten Wohnungsunternehmen und die Bezahlbarkeit insbesondere für Mieter mit mittlerem und niedrigem Einkommen unbedingt zu berücksichtigen.
Angesichts der sehr ambitionierten Ziele bei gleichzeitigen Kostensteigerungen in fast allen Bereichen und vielen weiteren Herausforderungen, wie dem altersgerechten Umbau und dem nötigen Wohnungsneubau, ist bezahlbares Wohnen ohne angemessene staatliche Unterstützung nicht möglich.
Kritisch zu betrachten sind allerdings die Vorgaben sehr hoher Energieeffizienzziele und sehr geringem Energie-Restverbrauch von Gebäuden, der durch erneuerbare Energien gedeckt werden soll. Die Ressourcen für diese Strategie sind nicht ausreichend – weder beim Eigenkapital der sozial orientierten Wohnungsunternehmen noch bei den Planern und Ausführenden. Auch die Bezahlbarkeit durch die Mieter ist nicht gegeben und staatliche Zuschüsse werden in einer für ein Effizienzszenario nötigen Höhe nicht vorhanden sein. Es bedarf eines neuen Zugangs zur Klimaneutralität, der das Zusammenspiel von erneuerbarer Energie und mindestens nötiger Effizienz neu regelt. Das leistet die EPBD aber nicht.
Zudem liegt der entscheidende und letztlich bezahlbare Hebel in der klimaneutralen Versorgung von Gebäuden mit erneuerbaren Energien und nicht in immer teureren Sanierungen mit immer geringeren Einspareffekten. Dies muss sich in der Klimapolitik widerspiegeln und bei der Umsetzung der EPBD berücksichtigt werden. Denn Effizienz kann lediglich Unterstützung bei der Erreichung der Klimaziele leisten, sie darf aber nicht das Ziel an sich sein. Mit anderen Worten: „Efficiency first“ heißt nicht maximale Energieeffizienz. Efficiency first bedeutet, für Gebäude und im Rahmen einer Quartiersversorgung zu prüfen, welche Kombination von Energieverbrauch und Erneuerbarer Energie betriebswirtschaftlich kostenoptimal umsetzbar ist.