GdW Europabrief 04/2021
EU-Kommissionsstudie zum demografischen Wandel
Der wissenschaftliche Dienst der Europäischen Union (JRC) hat eine Studie in englischer Sprache zum demografischen Wandel herausgebracht.
Ziel ist es, die territorialen Unterschiede des Alterns in der EU detailliert darzustellen und die Faktoren hinter diesen Unterschieden zu verstehen. Der Bericht geht über die einfache Darstellung der Bevölkerungsdaten hinaus, indem er die Auswirkungen der Alterszusammensetzung auf das regionale Wirtschaftswachstum, den Zugang zu Dienstleistungen, politische Einstellungen und Verhaltensweisen untersucht. Die Studie erweitert die demografischen Analysen auf Länderebene mit einzigartigen Daten und Prognosen. Diese Analysen liefern erste Einblicke in die territorialen Unterschiede des demografischen Wandels in Europa auf lokaler Ebene, wo die Bedürfnisse der EU-Bürger am deutlichsten sind.
Die wichtigsten Punkte der Studie werden wie folgt zusammengefasst:
- Die Mobilität der Jugendlichen im Alter von 20-24 (vor allem durch Studium und Arbeit bedingt), wirkt sich maßgeblich auf den demografischen Wandel aus. Einige Regionen gedeihen dank des Zustroms jüngerer Menschen, während andere Regionen darunter leiden, dass eine steigende Zahl junger Menschen aufgrund fehlender beruflicher Perspektiven wegziehen müssen;
- Die Alterung und der Bevölkerungsrückgang treten nicht nur in ländlichen oder abgelegenen Gebieten auf, sondern auch in Gebieten, die am stärksten von Abwanderung bedroht sind, wie etwa in kleinen und mittleren Stadtgebieten, weil ihnen die sozioökonomische Attraktivität globaler Städte fehlt. Der Anteil älterer Menschen wird überall zunehmen, aber in ländlichen Gebieten wird der Anteil am höchsten sein.
- Die Wohnungspräferenzen variieren im Laufe des Lebens, was zu Migrationen führt, die die demografische Entwicklung prägen. Die Analyse deutet darauf hin, dass junge Menschen generell zur Arbeit oder zum Studium in städtische Gebiete ziehen, Familien dagegen bezahlbare Lebensräume an den Randgebieten von Städten priorisieren und ältere Menschen lieber in ländlichen Gebieten leben;
- Der Zugang zu Dienstleistungen variiert je nach Alter: Städtische Gebiete bieten im Allgemeinen einen besseren Zugang zu Dienstleistungen (wie z.B. Geschäfte und medizinische Einrichtungen) als ländliche Gebiete. Gebiete mit weniger Dienstleistungen und Annehmlichkeiten ziehen jüngere Menschen weniger an, was den negativen Kreislauf des Bevölkerungsrückgangs verstärkt;
- Was die politischen Überzeugungen anbelangt, gibt es klare Unterschiede, die sowohl vom Alter als auch vom Wohnort abhängen, insbesondere wenn es um die Ansichten über die EU und die Einwanderung geht;
- Zunehmende Unterschiede in der Alterung und Entvölkerung zwischen den Gebieten können die wirtschaftlichen Ungleichheiten verschlimmern. Die durchschnittliche Veränderung des Anteils älterer Menschen könnte in Gebieten mit einem Bevölkerungsrückgang um 4 Prozentpunkte höher sein als in Gebieten, in denen die Bevölkerung zunimmt. Dies kann auch zu Polarisierungen in der Haltung gegenüber der EU und der Einwanderung sowie zum Anstieg des Populismus führen.
Laut der Studie zeigen die Ergebnisse, dass territoriale demografische Unterschiede keine vorherbestimmten Ergebnisse der nationalen Gesamttendenzen für die Alterung sind, sondern letztlich durch Wohnpräferenzen und Binnenwanderung geprägt sind.
Weiter wird geschlussfolgert, dass die regionale und lokale Kohäsions- und Innovationspolitik dazu beitragen kann, territoriale Ungleichgewichte zu beseitigen, indem Dienstleistungen und wirtschaftliche Möglichkeiten angeboten werden, um schrumpfende Gebiete attraktiver zu machen.