Wohnungsbaukrise beenden – endlich auf wirksame Maßnahmen setzen
Berlin – Der Deutsche Bundestag berät heute über einen Antrag der Fraktion der CDU/CSU mit dem Titel „Deutschland aus der Baukrise führen“. Schon seit zwei Jahren hält die Krise beim Wohnungsbau an – ohne, dass die Regierung Gegenmaßnahmen in auch nur annähernd ausreichendem Umfang ergriffen hätte. Nach dem Ausbruch des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, Zins- und Baukostenexplosionen sowie Materialengpässen folgte für den bezahlbaren Wohnungsbau Förderstopp auf Förderstopp anstatt unterstützender Maßnahmen vonseiten der Regierung. Erst in diesem Jahr konnte sich auf eine zusätzliche Milliarde Euro zur Förderung von klimafreundlichem Neubau geeinigt werden, bei der aber immer noch unbekannt ist, wann und in welcher Form genau sie startet.
„Die Regierung hat beim Wohnungsbau bislang vor allem für eines gesorgt: Planungsunsicherheit. Unter den aktuellen Bedingungen kann nicht mehr bezahlbar gebaut werden. Die sozial orientierten Wohnungsunternehmen und weitere Akteure können nicht mehr anders als den Neubau einzustellen, denn er ist nicht mehr bezahlbar – weder für die Bauherren noch für die künftigen Mieter. So kann es nicht weitergehen. Ein wirksames Maßnahmenpaket statt Stückwerk von zu langsamen, zu kleinen und zu zaghaften Lösungen muss jetzt kommen“, sagt Axel Gedaschko, Präsident des GdW.
An allererster Stelle muss ein für den Staat vollkommen kostenfreies, breit angelegtes Zinsprogramm für den bezahlbaren Wohnungsbau stehen. Wird hier ein Zinssatz von einem Prozent angeboten, kurbelt das die Bautätigkeit enorm an und die daraus entstehenden Steuereinnahmen für den Staat gleichen die Kosten der Zinssubvention aus. In Kombination mit der günstigeren seriellen und modularen Bauweise können Wohnungsunternehmen dann bezahlbareren Mieten von 12 Euro pro Quadratmeter garantieren – statt der derzeit notwendigen mindestens 18 Euro pro Quadratmeter, die sich kaum jemand noch leisten kann.
Eine Reihe weiterer Maßnahmen ist notwendig, um den bezahlbaren Wohnungsbau mit einem gebündelten Lösungspaket wieder mittel- und langfristig zu ermöglichen: Statt einer immer weiteren, einseitigen und teuren Verschärfung von Energieeffizienzstandards für Gebäude mit verhältnismäßig geringem Einspareffekt müssen insbesondere im Zuge der nationalen Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie EPBD intelligente, flexible Quartierslösungen für den jeweils passendsten Klimaschutz-Mix vor Ort ermöglicht werden. Außerdem ist eine zwingende Folge- und Kostenabschätzung für alle neuen Regelungen notwendig, um weitere Bürokratie und unnötig verteuernde und verlangsamende Bauvorschriften zu verhindern. Der Gebäudetyp „E“ muss ermöglicht werden, damit rechtssicher kostengünstig gebaut werden kann. Zudem müssen die Landesbauordnungen dringend vereinheitlicht sowie Baugenehmigungsverfahren vereinfacht und digitalisiert werden. Das bereits stark regulierte deutsche Mietrecht darf nicht weiter verschärft werden, da ansonsten notwendige Wohnungsbauinvestitionen komplett abgewürgt werden.
Diesen und weiteren sinnvollen Maßnahmen-Vorschlägen, die auch die Unionsfraktion in ihrem Antrag auflistet, sollte sich die Regierung nicht verschließen und alles für ein Ankurbeln des quasi zum Erliegen gekommenen Wohnungsbaus tun. Denn die Wohnungsnachfrage bleibt vor allem mit Blick auf die weiterhin notwendige starke Zuwanderung auf einem hohen Niveau. In diesem Zusammenhang weiterführende Erläuterungen zur Einschätzung des künftigen Wohnungsbedarfs:
Wohnungsbedarf auf anhaltend hohem Niveau – Empirica-Zahlen deutlich zu niedrig angesetzt
Die kürzlich veröffentlichte Empirica-Prognose liegt mit einer angeblichen Nachfrage von nur rund 160.000 bis 200.000 neuen Wohnungen, die bis Mitte der 2030er-Jahre und danach pro Jahr gebaut werden müssten, deutlich unter dem eigentlichen Bedarf. Die sozial orientierte Wohnungswirtschaft rechnet, wie die Mehrzahl anderer Forschungsinstitute, mit einem deutlich höheren jährlichen Neubaubedarf von mindestens 360.000 bis zu 430.000 Wohnungen.
Die niedrigen Werte kommen bei Empirica dadurch zustande, dass das Institut erstens eine deutlich geringere Nettozuwanderung nach Deutschland zugrunde gelegt, als sie sich in den vergangenen Jahren gezeigt hat. So geht Empirica von einer Nettozuwanderung von 300.000 Personen pro Jahr aus, obwohl sie im letzten Jahrzehnt über 500.000 Personen jährlich lag. Empirica rechnet dabei auch den eigentlichen Bedarf an Zuwanderung deutlich kleiner, als er ist. Denn die deutsche Wirtschaft braucht angesichts des Fachkräftemangels künftig eine Nettozuwanderung von 500.000 bis 600.000 Personen pro Jahr – also etwa das Doppelte der von Empirica veranschlagten Zuwanderung.
Zweitens blendet Empirica den Bedarf an neuen Wohnungen in seiner Berechnung aus, der auch in Regionen mit geringer Nachfrage besteht. Denn ein gewisser Teil von Wohnungen ist aufgrund ihres schlechten oder nicht mehr zeitgemäßen Zustands nicht mehr nutzbar oder wirtschaftlich renovierbar und muss deshalb ersetzt werden. Zu behaupten, dass ein Drittel der Neubautätigkeit zuletzt am falschen Ort stattgefunden hätte, entspricht nicht der Realität. Denn die neu gebauten Wohnungen in nachfrageschwächeren Regionen stehen ja nicht leer. Die Wahrheit ist also, dass sie gebraucht werden und zusätzlich einen wichtigen Beitrag zur oft mangelhaften Attraktivität der betreffenden Regionen leisten.
Und drittens unterstellt Empirica in seiner Rechnung, dass immer am Ende einer betrachteten Periode ein ausgeglichener Markt geherrscht habe. Das Institut sieht keinen Nachholbedarf aufgrund zu geringer Bautätigkeit in der jüngeren Vergangenheit. Der Nachholbedarf beim Wohnungsbau kann aber nicht einfach komplett negiert werden, denn er löst sich nicht von selbst in Luft auf. Zu einer realistischen Prognose würde es aus Sicht des GdW und verschiedener Forschungsinstitute gehören, rund ein Drittel des aus Vorjahren angestauten Nachholbedarfs einzuberechnen.
Auf Grundlage einer Erweiterung und Neuberechnung der letzten BBSR-Prognose mit deutlich besser dokumentierten sowie nachvollziehbaren Rechenwegen und Annahmen sieht der GdW den Neubaubedarf unter Annahme einer – notwendigen – Nettozuwanderung von 500.000 Personen pro Jahr deshalb bei mindestens rund 360.000 Wohnungen pro Jahr. Geht man von einem etwas höheren Nachholbedarf als dem moderaten Wert von einem Drittel des aus Vorjahren angestauten Nachholbedarfs aus, stellt das Neubauziel der Bundesregierung von 400.000 neuen Wohnungen jährlich angesichts der aktuell und wohl auch künftig hohen Zuwanderung weiterhin eine realistische Bedarfsprognose dar.
Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen vertritt als größter deutscher Branchendachverband bundesweit und auf europäischer Ebene rund 3.000 kommunale, genossenschaftliche, kirchliche, privatwirtschaftliche, landes- und bundeseigene Wohnungsunternehmen. Sie bewirtschaften rd. 6 Mio. Wohnungen, in denen über 13 Mio. Menschen wohnen. Der GdW repräsentiert damit Wohnungsunternehmen, die fast 30 Prozent aller Mietwohnungen in Deutschland bewirtschaften.