19. Januar 2023 Europabrief

GdW Europabrief 01/2023

Vorläufige Einigung über EU-Emissionshandelssystem und Klimasozialfonds

Der Europäische Rat und das Europäische Parlament haben am 18. Dezember 2022 eine Einigung über eine umfassende Reform des Kohlenstoffmarktes erzielt, um die Kohlenstoffemissionen weiter zu reduzieren und ihre sozialen Auswirkungen anzugehen.
Die Einigung zielt darauf ab, die kostenlose Vergabe von Zertifikaten an die Industrie auslaufen zu lassen und die Brennstoffemissionen aus dem Gebäude- und Straßenverkehrssektor in das ETS-System einzubeziehen.
Das EU-Emissionshandelssystem ist ein Kohlenstoffmarkt, der auf einem System des Handels mit Emissionszertifikaten für energieintensive Industrien und den Stromerzeugungssektor basiert und das wichtigste Instrument der EU zur Emissionsreduzierung darstellt. Das 2005 eingeführte EU-ETS deckt etwa 40 % der gesamten Kohlendioxidemissionen in der EU ab.
Das System ermöglicht es Stromerzeugern und Industrien mit hohem Energiebedarf, „kostenlose Zertifikate“ zu erwerben, um ihre Kohlenstoffemissionen nach dem Verursacherprinzip zu decken.
Um diese Industriezweige zu ermutigen, weniger zu emittieren und in umweltfreundlichere Technologien zu investieren, sollen die Quoten der kostenlosen Zertifikate für die Industrie im Laufe der Zeit sinken (-5 % pro Jahr), aber der Preis für ein C02-Zertifikat wird bis 2030 auf 45 € begrenzt sein.
Die Vereinbarung erweitert den Anwendungsbereich des EU-Kohlenstoffmarktes und zielt darauf ab, die Emissionsreduzierung in den unter das EU-Emissionshandelssystem fallenden Sektoren bis 2030 auf 62 % zu erhöhen, gegenüber einem früheren Ziel von 43 %.
Ferner soll der Zeitplan für die schrittweise Abschaffung der kostenlosen Zertifikate beschleunigt werden, so dass bis 2030 48,5 % der Zertifikate abgeschafft werden. Die Vereinbarung sieht vor, die kostenlosen Zertifikate bis 2034 vollständig abzuschaffen.
Ab Januar 2027 müssen die Haushalte für die mit dem Heizen mit Brennstoffen und Gas verbundenen Emissionen zahlen, wobei der Preis bis 2030 gedeckelt bleibt.
Darüber hinaus wird ein Klimasozialfonds für den Zeitraum 2026-2032 eingerichtet, um schutzbedürftige Haushalte und Unternehmen bei der Energiepreiskrise zu unterstützen. Dieser soll durch einen Teil der Einnahmen aus dem Emissionshandelssystem für Gebäude und Verkehr (ETS II) finanziert werden. Sollten die Energiepreise jedoch außergewöhnlich hoch sein, kann die Einführung des ETS II um ein Jahr verschoben werden. Jeder Mitgliedstaat soll der Kommission einen „sozialen Klimaplan“ vorlegen, der Maßnahmen und Investitionen zur Abfederung der Auswirkungen des neuen Emissionshandelssystems auf sozial schwache Haushalte enthält.
Zu diesen Maßnahmen könnten die Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden, die Renovierung von Gebäuden, die Dekarbonisierung von Heizung und Kühlung und die Einführung von emissionsfreien und emissionsarmen Mobilitäts- und Verkehrsmitteln gehören.
Die Mitgliedstaaten leisten einen nationalen Beitrag aus ihren eigenen Haushalten zu den durchgeführten Maßnahmen (Kofinanzierung von 25 %). Maximal 15% der nationalen Investitionen aus den sozialen Klimaplänen können mit kohäsionspolitischen Programmen kombiniert werden.
Aus Sicht der Anbieter von „Sozialwohnungen“ soll der Klimasozialfonds die durch das ETS2 verursachten höheren Energiekosten ausgleichen. Den Mitgliedstaaten steht es jedoch frei, Rechtsvorschriften zu erlassen, die die Verteilung der finanziellen Belastung zwischen Brennstoff-/Gasversorgern, Wohnungsanbietern und Mietern festlegen.
Der für alle Mitgliedstaaten verfügbare Gesamtbetrag aus dem Fonds (65 Mrd. Euro) wird die bestehenden Mechanismen zur Förderung energieeffizienter Maßnahmen (vermutlich allgemeine, für alle zugängliche Maßnahmen, wie die KfW-Förderung in Deutschland) ergänzen.
Es ist anzumerken, dass die EPBD die Installation von Gas- und Brennstoffkesseln bis 2035 schrittweise verbieten wird. Die Elektrifizierung von Heizungssystemen bedeutet jedoch nicht, dass Gas nicht mehr verwendet wird, da Gas noch viele Jahre lang zur Stromerzeugung benötigt wird.
Da Deutschland seine CO2-Besteuerung schon eingeführt hat, sind die Auswirkungen der Ausweitung des ETS-2-Systems auf Gebäude übersichtlich. Es bleibt zu prüfen, wie Deutschland sein bisheriges CO2-Steuersystem und die damit zusammenhängende finanzielle Förderung in das neue ETS-System einbetten wird.
Der Wegfall der kostenfreien Emissionszertifikate bis 2034 ohne adäquate erneuerbare Energiealternative kann zu einer massiven Kostenerhöhung für fossile Brennträger führen, gerade mit Blick auf die EPBD-Diskussionen und dem Verbot von fossilen Gas- und Brennwertkesseln.
Der Klimasozialfonds zur Abmilderung der steigenden Energiekosten für bedürftige Haushalte ist mit Blick auf vorherige Diskussionen auf ca. 65 Mrd. Euro abgesenkt worden.

Özgür Dr. Özgür Öner 0032 2 5501611