Ran an die Worst Performer

Die energetische Sanierung eines Hauses kostet nicht nur Geld, sondern auch viel Zeit. Wobei beides eng zusammenhängt: Je länger die Arbeiten dauern, desto teurer wird es. In Hattingen zeigt nun ein Projekt, wie alte Mehrfamilienhäuser schnell und dadurch kostengünstig, aber dennoch auf hohem Niveau modernisiert werden können.

Der Schlüssel dazu: serielles Sanieren. „Hierbei werden ähnliche Gebäude gebündelt mit vorgefertigten Elementen saniert“, erklärt Marcus Kibilka, Bereichsleiter Modernisierung und Neubau bei der Wohnungsgenossenschaft hwg Hattingen.

Mithilfe eines 3D-Scans werden Maße exakt erfasst, damit Fenster, Türen und Fassadenteile passgenau im Werk produziert und anschließend vor Ort zeitsparend montiert werden können. Besonders im Blick stehen bei diesem Verfahren die „Worst Performing Buildings. Das sind Gebäude mit unzureichender Dämmung, veralteter Haustechnik und hohen Energieverlusten“, so Kibilka. Diese Altbauten verursachen nicht nur hohe Heizkosten für die Bewohner, sondern stellen auch ein erhebliches Hindernis beim Erreichen der Klimaziele dar.

Standardisierte Lösungen für Altbauten

Die serielle Sanierung eignet sich besonders gut für gleichförmige Altbauten, wie sie beispielsweise in den 1950er-Jahren errichtet wurden und in vielen Städten zu finden sind. „Wenn die Gebäude nicht zu verwinkelt sind, lassen sich die Sanierungsarbeiten durch industrielle Vorfertigung erheblich beschleunigen“, sagt Alexander Fuchs, Prokurist bei der B&O Seriell GmbH. „Die Gebäude des Projekts in Hattingen erhielten innerhalb einer Woche ihre Fassade. Und die Baustelle wird auch viel sauberer hinterlassen als bei einer manuellen Dämmung vor Ort.“

Damit das Verfahren bundesweit stärker zum Einsatz kommt, braucht es seiner Ansicht nach vor allem einfachere Genehmigungsverfahren. Häufig bremsen Vorschriften und lange Bearbeitungszeiten in den Bauämtern die Umsetzung. Er fordert ein Umdenken in der Verwaltung, damit innovative Sanierungsmethoden ihre Wirkung entfalten können.

Und was bedeutet das finanziell für die Mieter, bleiben die Wohnungen bezahlbar? „Die Mieten erhöhen sich hier um 1,25 Euro bis 1,50 Euro pro Quadratmeter“, berichtet Jörg Menge, Energieberater bei der hwg Hattingen. „Das liegt am Ende sogar im Bereich des Mietspiegels.“

Werkzeug für Klimaneutralität

Eine wichtige Rolle könnte das serielle Sanieren bei der Energiewende spielen. Seit vielen Jahren werden die Gebäudebestände vor allem auf konventionellem Weg modernisiert, doch angesichts der Klimaziele könnte es zeitlich eng werden. Serielles Sanieren bietet sich hier als eine Lösung an – vorausgesetzt, die politischen Rahmenbedingungen stimmen.

„Jetzt muss die Politik zuhören und Förderbedingungen schaffen, die verlässlich und praxisnah sind“, sagt David Wilde, Vorstandsvorsitzender der hwg Hattingen. „Statt sich einseitig am Effizienzhaus-Standard zu orientieren, sollte die Förderung an den tatsächlichen Beitrag zur CO₂-Reduktion geknüpft werden.“ Nur so lasse sich der Gebäudebestand in großem Umfang modernisieren und ein entscheidender Schritt in Richtung Klimaneutralität machen.

Das Beispiel Hattingen zeigt, dass serielles Sanieren soziale und ökologische Fragen miteinander verbindet. Die Kombination aus schneller und somit kostensparender Umsetzung und CO₂-Neutralität zeigt das Potenzial, dass das Verfahren auch über Hattingen hinaus haben könnte.