Bauvorschriften radikal vereinfachen – Schaffung von Wohnraum muss überragendes öffentliches Interesse werden
Dazu Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW:
„Jetzt ist das Parlament gefragt und in der Verantwortung. Ein nochmaliges Scheitern im parlamentarischen Verfahren wäre nicht entschuldbar. Bezahlbares Wohnen ist die zentrale Säule für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie muss langfristig abgesichert und gleichzeitig mit der klima- und altersgerechten Transformation des Gebäudebestands ermöglicht werden. Die wichtigen Vorschläge aus dem Bündnis für bezahlbaren Wohnraum zur Beschleunigung des Bauens müssen jetzt mutig und mit Nachdruck umgesetzt werden. Den notwendigen, deutlichen ‚Ruck‘ für den Wohnungsbau ermöglicht der Gesetzentwurf leider nicht. Er bleibt weit hinter den Vorschlägen aus dem Bündnisprozess zurück. Die im Entwurf vorgesehenen Vereinfachungen werden wirkungslos, wenn gleichzeitig neue Anforderungen in Form von zusätzlichen Prüfungen und Nachweisen gestellt werden.
So ist beispielsweise der Apell, dass der Umweltbericht nur 1/3 der Begründung des Bauleitplanentwurfs betragen soll, wirkungslos, wenn nicht zugleich die Anforderungen an den Umweltbericht selbst abgesenkt werden. Und die im Entwurf vorgesehenen Vereinfachungen und Beschleunigungen, beispielsweise die Möglichkeiten zur Aufstockung, dürfen nicht ausschließlich in Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten, sondern müssen allgemein anwendbar werden. Die Aufnahme des §246e BauGB-E in die Gesetzesnovelle begrüßen wir ausdrücklich, aber sie dürfen unter keinen Umständen verwässert werden, sondern sollten im Gegenteil deutlich verbessert werden. Unsere Vorschläge liegen den Fraktionen vor. Wer es im Parlament ernst meint mit dem bezahlbaren Wohnen und der Baubeschleunigung hat von uns alles bekommen, was notwendig ist.
Von zentraler Bedeutung für die Zukunft des bezahlbaren Wohnens in Deutschland ist aber, dass die Schaffung von Wohnraum gerade in sogenannten Mangelgebieten ganz offiziell als ‚überragendes öffentliches Interesse’ behandelt wird. Konkret muss den Baubehörden die Entscheidung für das bezahlbare Bauen erleichtert werden. Dazu sollte eine Generalklausel im Baurecht eingeführt werden, so wie sie auch im Erneuerbare-Energien-Gesetz besteht. Dort bestimmt die Generalklausel zugunsten von z. B. Windrädern, dass die Errichtung und der Betrieb von Erneuerbare-Energien-Anlagen im überragenden öffentlichen Interesse liegen und als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden. Genau das muss auch für den Wohnungsbau gelten und der Politik mindestens genauso wichtig sein, wie der bevorzugte Bau von Windrädern.
Das Baugesetzbuch muss so gestaltet werden, dass das Bauen von Wohnungen gegenüber anderen Belangen regelmäßig im Vordergrund steht. Nur so wird sich die so häufig und zu Recht als ‚soziale Frage‘ unserer Zeit bezeichnete Mammutaufgabe rund um das bezahlbare Wohnen mit Aussicht auf Erfolg angehen und lösen lassen.“
Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen vertritt als größter deutscher Branchendachverband bundesweit und auf europäischer Ebene rund 3.000 kommunale, genossenschaftliche, kirchliche, privatwirtschaftliche, landes- und bundeseigene Wohnungsunternehmen. Sie bewirtschaften rd. 6 Mio. Wohnungen, in denen über 13 Mio. Menschen wohnen. Der GdW repräsentiert damit Wohnungsunternehmen, die fast 30 Prozent aller Mietwohnungen in Deutschland bewirtschaften.