5. Juli 2017 Pressemeldungen

Wohnungswirtschaft zieht stabile Jahresbilanz und fordert Willkommenskultur für Bagger und Neubau

„Es muss wieder möglich sein, bezahlbare Mietwohnungen auch ohne Förderung für die Mitte der Bevölkerung zu bauen. Dazu muss Bauen Chefsache werden“, forderte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, zum Auftakt der Jahrespressekonferenz in Berlin. Der GdW ist mit seinen 15 Regionalverbänden und 3.000 Mitgliedsunternehmen der stärkste Verband der professionellen Wohnungswirtschaft in Deutschland. „Wohnen ist aufgrund der großen Herausforderungen in den sehr begehrten Städten aber auch in den Schrumpfungsregionen eines der heißen Themen im Wahlkampf. Die Bedeutung des Wohnens muss sich aber auch nach der Wahl wieder finden, so der GdW-Chef. „Deutschland braucht ein eigenständiges Bundesbauministerium mit politischem Gewicht“, erklärte der Präsident des Spitzenverbandes. „Dabei sollte dieses Ministerium die Bereiche Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Raumordnung, digitale Infrastruktur und Energieeffizienz umfassen.“ Nur so könne es gelingen, die Aufgaben rund um das Bauen und Wohnen zielführend zu koordinieren. „Die letzte Legislaturperiode hat gezeigt, dass die Wohnungspolitik häufig zwischen den anderen Themenfeldern aufgerieben wird. Das kann so nicht weitergehen“, so Gedaschko.

Der GdW-Chef mahnte an, die Ergebnisse des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen in der kommenden Legislaturperiode zügig umzusetzen. „Die Fakten liegen auf dem Tisch, aber wir werden nur dann mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen können, wenn endlich alle an einem Strang ziehen“, so Gedaschko. Es nütze keinem etwas, wenn sich Bund, Länder und Kommunen gegenseitig den Schwarzen Peter in die Schuhe schieben. „Wir brauchen mehr und vor allem bezahlbare Grundstücke, weniger Normen und Regulierung, eine Abkehr von der Preisspirale bei der Grund- und Grunderwerbsteuer sowie auch nach 2019 eine finanzielle Mitzuständigkeit des Bundes für den sozialen Wohnungsbau“, fasste der GdW-Chef zusammen.

Gedaschko warnte davor, nun vor der Bundestagwahl mit Scheinelementen den Wahlkampf aufzupeppen, die weder den Mietern noch den Wohnungsunternehmen etwas nützen und schon gar nicht zur Entspannung auf dem Wohnungsmarkt beitragen: „Vor vier Jahren wurde als Placebo eine Mietpreisbremse aus dem Hut gezaubert. Die Bilanz: Die Mietpreisbremse hilft nicht. Sie kann den Wohnungsmangel nicht bekämpfen. Daran würde auch ein Herumdoktern und Verschärfen an diesem Placebo-Instrument nichts ändern. Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen schaffen die Mietpreisbremse gerade wieder ab. Ein gutes Signal.“

Gleiches gilt für die jetzigen Diskussionen um eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit. „Wer glaubt, mit solchen Schlagworten ließe sich der Wohnungsmangel bekämpfen und der Wohnraum bezahlbarer machen, erliegt einer Illusion“, so der Chef der Wohnungswirtschaft. „Im Gegenteil, die einzige Folge wäre eine verstärkte Segregation. So würden überforderte Wohnquartiere entstehen, die am Ende mit viel Geld und großen Anstrengungen wieder stabilisiert werden müssten.“

Egal wie man es dreht und wendet, die Lösung für die Probleme am Wohnungsmarkt in den Ballungsräumen liegt im Wohnungsbau. Wir müssen über Stadtgrenzen hinweg zusammen planen, denn allein in den großen Städten können die Herausforderungen nicht zeitgerecht für die Wohnungssuchenden gelöst werden. Und dann: Bauen, bauen, bauen. Wir brauchen eine echte Willkommenskultur für Bagger und Neubau. Bei den Menschen in den Quartieren und bei der Politik. Die Bedingungen für den bezahlbaren Wohnungsneubau stimmen derzeit nicht. Hier muss die Politik ansetzen, wenn sie wirklich etwas bewirken will. Dann könnte aus Sonntagsreden endlich ein effektives Montagshandeln werden.

Die Fakten im Überblick:

  • Investitionen auf Rekordhoch: deutsche Wohnungsunternehmen errichten 20.000 neue Wohnungen
  • GdW-Unternehmen investieren fast 14 Mrd. Euro in Wohnungsbestand und Neubau
  • Wohnungsbau kommt aber nicht ausreichend in Schwung: Baukosten, hohe Grundstückspreise, Steuern und Abgaben bremsen bezahlbaren Neubau
  • Energieverbräuche sinken

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Gesamtinvestitionen der Wohnungs- und Immobilienunternehmen bei fast 14 Mrd.
Euro – Neubauinvestitionen auf Rekordhoch

Die im GdW und seinen Regionalverbänden organisierten Wohnungsunternehmen haben im Jahr 2016 rd. 13,8 Mrd. Euro in die Bewirtschaftung und den Neubau von Wohnungen investiert. Das sind knapp 16 Prozent mehr als im Vorjahr. Im Durchschnitt flossen damit im letzten Jahr rd. 38 Mio. Euro täglich in Deutschlands Wohnungen und in den Wohnungsneubau. Trotz des weiterhin stabilen Aufschwungs bleiben die Investitionszahlen damit hinter den Erwartungen zurück. Die Unternehmen hatten ursprünglich für das Jahr 2016 mit einem Anstieg von rd. 23 Prozent und einem deutlichen Überschreiten der 14-Milliarden-Euro-Marke gerechnet.

Tabelle: Investitionen bei den Unternehmen des GdW (in Mio. Euro)

DeutschlandAlte LänderNeue Länder
201310.2897.1453.144
201410.8937.5863.307
201511.9077.9733.934
201613.8259.8543.970
201716.13211.4294.703

Quelle: GdW-Jahresstatistik

Der Aufschwung bei den Investitionen wird durch das Rekordhoch beim Wohnungsneubau getragen. Die GdW-Unternehmen investierten 2016 knapp 5,7 Mrd. Euro in den Bau von Wohnungen. Das sind 35,9 Prozent und damit rd. 1,5 Mrd. mehr als im Vorjahr. Aber Achtung: Auch diese vermeintlich hohen Zahlen bleiben hinter den ursprünglichen Erwartungen zurück. Denn im letzten Jahr wurde hier noch ein Anstieg um über 50 Prozent prognostiziert. Warum die Unternehmen weniger bauen, als bisher geplant, hat verschiedene Gründe.

Es fehlt an Grundstücken. Und wenn kommunale Grundstücke für den Wohnungsbau vorhanden sind, werden sie häufig zum Höchstpreisgebot abgegeben. Das Neubauklima in der Bevölkerung ist eher negativ. Zudem treibt eine steigende Normen- und Standardflut die Baukosten.

Investitionen in die Zukunft des Wohnens: 8,1 Mrd. Euro fließen in die Modernisierung, Instandsetzung und Instandhaltung der Gebäude

Mit 8,1 Mrd. Euro flossen im Jahr 2016 knapp 59 Prozent der Gesamtinvestitionen in die Bestandsentwicklung der Gebäude. Mit diesem Geld haben die Unternehmen Wohnungen und Gebäude modernisiert, instandgesetzt und instandgehalten. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Anteil der Bestandsinvestitionen an den Gesamtinvestitionen erneut verringert. 2014 und 2013 flossen noch gut zwei Drittel, 2012 sogar noch drei Viertel der Investitionen der GdW-Unternehmen in die Erhaltung und Modernisierung der Bestände. Die Investitionen in den Neubau von Wohnungen sind erneut spürbar gestiegen. Rd. 41 Prozent der Gesamtinvestitionen flossen 2016 in dieses Segment. Im Jahr 2017 wird dieser Anteil auf 43 Prozent ansteigen.

Ausblick auf das Jahr 2017: Prognosen zufolge ziehen die Investitionen noch stärker an
– wenn sie nicht durch Regulierungen gebremst werden

Für dieses Jahr prognostiziert der GdW einen weiteren deutlichen Anstieg der Gesamtinvestitionen um rund 16,7 Prozent. „Wir rechnen damit, dass erstmals seit 1999 die 14-Milliarden-Euro-Marke nicht nur geknackt, sondern weit überschritten wird. Die Investitionen könnten bei rd. 16,1 Mrd. Euro liegen“, erklärte Axel Gedaschko. „Damit diese Schätzungen zur Realität werden können, dürfen von politischer Seite keine weiteren Regulierungen und Deckelungen kommen, die Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen haben. Das gilt für Regelungen beim Klimaschutz ebenso wie für das Mietrecht“, so Gedaschko.

Die Investitionen in den Wohnungsneubau werden im Jahr 2017 ebenfalls deutlich ansteigen. Ausgelöst durch den großen Neubaubedarf planen die Unternehmen eine Ausweitung der Neubauinvestitionen um rd. 23,4 Prozent. „Diese Prognosen können die Unternehmen aber nur umsetzen, wenn sich die Rahmenbedingungen für den Wohnungsneubau, wie angekündigt, endlich deutlich verbessern. Weitere Kostensteigerungen führen dazu, dass immer weniger bezahlbare Wohnungen auch wirklich fertig gestellt werden und auf den Markt kommen“, so Gedaschko. Dass diese Gefahr real ist, zeigt sich an den kürzlich veröffentlichten Baufertigstellungszahlen des Statistischen Bundesamtes, die weit hinter den Erwartungen zurück geblieben sind.

Auch bei den Investitionen in den Bestand zeigt der Trend mit 12 Prozent nach oben.

NEUBAU IN DEUTSCHLAND: WIE VIELE WOHNUNGEN WERDEN GEBAUT? – WO WERDEN MEHR WOHNUNGEN GEBRAUCHT?

GdW-Unternehmen bauen knapp 20.000 neue Wohnungen

Im Jahr 2016 haben die GdW-Unternehmen knapp 20.000 neue Wohnungen fertig gestellt. Das waren 15 Prozent mehr als im Vorjahr. Die GdW-Unternehmen haben damit bundesweit rund 38 Prozent aller neuen Mietwohnungen gebaut. Für das Jahr 2017 planen die GdW-Unternehmen sogar den Neubau von rund 28.300 Wohnungen. Das wäre der höchste Wert seit der Jahrtausendwende und ein Plus von 41,5 Prozent.

„Im Jahr 2017 liegen die Schwerpunkte des Wohnungsneubaus bei den GdW-Unternehmen in den Verdichtungsräumen Berlin, Hamburg, Stuttgart, München und Köln. Aber auch Hannover, Frankfurt am Main, Nürnberg, Bochum, Karlsruhe, Lübeck, Leipzig, Düsseldorf, Aachen, Erlangen und Bietigheim-Bissingen gehören zu den Gebieten, wo die GdW-Unternehmen besonders auf Neubau setzen. Allein in diesen Schwerpunktregionen entstehen derzeit mehr als 65 Prozent aller von GdW-Unternehmen gebauten Wohneinheiten“, erläuterte Gedaschko.

Und dennoch: Selbst wenn die GdW-Unternehmen noch mehr bauen – den mittlerweile aufgelaufenen Nachholbedarf von rund einer Million Wohnungen, der vor allem Wohnungen in Mehrfamilienhäusern betrifft, kann man so nicht decken. „Hohe Baukosten, fehlende Grundstücke, unzureichende Planungskapazitäten, steigende Grunderwerbsteuern und hohe energetische Anforderungen in Kombination mit Diskussionen vor allem um die Verbreiterung des Mietspiegels führen dazu, dass der bezahlbare Wohnungsneubau nicht ausreichend an Fahrt aufnimmt“, so der GdW-Chef. Hinzu kommt, dass Unternehmer heute viel mehr Geld in die Hand nehmen müssen, um auf die gleiche Anzahl von neuen Wohnungen zu kommen, als noch vor 15 Jahren. Das bedeutet: Mehr Investitionen allein führen noch nicht zu ausreichend bezahlbarem Wohnraum.

Tabelle: Baufertigstellungen bei den GdW-Unternehmen (in Wohneinheiten)

DeutschlandAlte LänderNeue Länder
201313.03611.2311.805
201414.72912.0252.704
201517.38213.3863.996
201619.99415.7084.286
201728.29221.0487.244

Quelle: GdW-Jahresstatistik

Baugenehmigungen gestiegen – Baufertigstellungen fallen deutlich dahinter zurück – 400.000 Wohnungen jährlich in den nächsten fünf Jahren benötigt

Im Jahr 2016 wurde in Deutschland der Bau von 375.400 Wohnungen genehmigt. Die Baugenehmigungen sind damit um 19,8 Prozent gestiegen. Damit hat sich der positive Trend des Jahres 2015 (+ 9,9 Prozent gegenüber 2014) erfreulicherweise gefestigt. Ein Teil dieses Anstiegs im Jahr 2016 ist, wie die rückläufige Entwicklung der Baugenehmigungen im ersten Quartal 2017 bestätigt, als Vorzieheffekt zu erklären. Die betroffenen Bauherren wollten sich durch eine schnelle Genehmigung der Vorhaben eine Durchführung nach dem alten Standard der Energieeinsparverordnung (EnEV) sichern. Seit Anfang 2016 gilt die verschärfte EnEV, die ein deutliches Plus an Bauwerkskosten von 7 Prozent verursacht. Die vorgezogenen Baugenehmigungen haben wie vom GdW prognostiziert in den ersten vier Monaten 2017 zu einem deutlichen Rückgang der Baugenehmigungen geführt. Damit ist die Zahl der genehmigten Wohnungen in den ersten drei Monaten 2017 im Vorjahresvergleich erstmals seit dem ersten Quartal 2012 gesunken.

Ein Blick auf die tatsächlich fertig gestellten Wohnungen zeigt: Mit rund 277.700 Wohnungen blieb die Zahl der Fertigstellungen 2016 deutlich hinter den Erwartungen zurück. Die Fertigstellungen von Mietwohnungen im Mehrfamilienhausbau sind zwar um 15,4 Prozent überdurchschnittlich angestiegen. Allerdings wurden auch 2016 erneut mehr Eigentumswohnungen (62.000 WE) als Mietwohnungen (53.000 WE) fertig gestellt.

Ohne Berücksichtigung der Wohnungen in Wohnheimen, die 2016 in Folge der gestiegenen Flüchtlingszuwanderung rasant angestiegen sind (+ 60 Prozent), wurden 2016 nur 25.000 Wohneinheiten mehr als im Vorjahr gebaut. Das zeigt, dass der Wohnungsbau weiterhin nicht ausreichend in Schwung kommt.

„Die Bilanz beim Wohnungsbau erlaubt keine Entwarnung“, erklärte Gedaschko. Das Ziel, den Neubaubedarf von 400.000 Wohnungen jährlich insbesondere in den Ballungsräumen zu decken, rückt so in immer weitere Ferne. Statt den Neubaumotor endlich anzuwerfen, sorgt die Politik mit einer steigenden Auflagenflut und fehlenden Anreizen für den Wohnungsbau dafür, dass die Dynamik im Segment der dringend benötigten bezahlbaren Mietwohnungen bei den Wohnungsfertigstellungen nicht stärker wird“, so Gedaschko. „So kann es nicht weitergehen. Alle von der Baukostensenkungskommission bereits identifizierten Maßnahmen müssen jetzt dringender denn je umgesetzt werden, damit die Neubaumieten wieder für alle bezahlbar werden“, forderte Gedaschko.

Seit einigen Jahren hängen die Baufertigstellungen den Baugenehmigungen deutlich hinterher. Auch im Jahr 2016 war der Anstieg der genehmigten Wohnungen (+ 19,8 Prozent auf 375.400 Wohnungen) deutlich höher als die Zunahme der Fertigstellungen. Die Schere zwischen Planung und Realisierung hat sich also weiter geöffnet. Nunmehr summiert sich die Zahl der genehmigten, aber noch nicht fertig gestellten Wohnungen auf insgesamt 605.800. Die Lücke zwischen Genehmigungen und Fertigstellungen, der sogenannte Bauüberhang, stieg seit dem Jahr 2008 zunehmend an und erreichte zum Jahresende 2016 den höchsten Wert seit 1999 (damals 679.200). Immer weniger Wohnungen werden zügig fertig gestellt. Es steht zu befürchten, dass ein Teil der geplanten Wohnungen nicht in die Realisierung kommt.

Grund für die mangelnden Fertigstellungen seien auch zunehmende Streitigkeiten im Planungsprozess, die den Neubau verzögern, so der GdW-Chef. „Bauherren haben es hier immer häufiger mit dem sogenannten ‚Nimby‘-Trend zu tun. Nach dem Motto ‚not in my backyard‘ wollen Anrainer immer öfter Bauprojekte in der eigenen Nachbarschaft verhindern“, so Gedaschko.

„Dringender denn je braucht der Wohnungsbau jetzt wirksame Anreize“, forderte der GdW-Präsident. Es müssen mehr Bauflächen zur Verfügung gestellt und durch die Kommunen verstärkt nach Konzeptqualität vergeben werden. Neben einem Stopp der Preisspirale insbesondere bei der Grunderwerbsteuer sei zudem eine Erhöhung der linearen Abschreibung für Abnutzung (AfA) von 2 auf mindestens 3 Prozent notwendig. „Um den Wohnungsbau wirklich anzukurbeln, brauchen wir endlich auch die Sonderabschreibung für den Wohnungsbau – sowie zusätzlich eine gleichwertige Investitionszulage für all diejenigen Bauherren, die die Abschreibung nicht nutzen können“, so Gedaschko. Er forderte die Politik auf, dieses Thema in der kommenden Legislaturperiode endlich umzusetzen.

Konkret müssten in Deutschland bis zum Jahr 2020 jährlich insgesamt rund 400.000 Wohnungen und damit rund 140.000 Mietwohnungen mehr als in diesem Jahr gebaut werden. Davon 80.000 Sozialwohnungen und 60.000 Einheiten im bezahlbaren Wohnungssegment. Angesichts der im Jahr 2016 fertiggestellten rund 278.000 Wohnungen gibt es also derzeit jährlich immer noch 122.000 Wohnungen zu wenig.

Der Bestand an Sozialwohnungen schrumpft weiter – Neubau bezahlbarer Wohnungen immer noch zu wenig ausgeprägt

Bundesweit gibt es immer weniger Sozialwohnungen. Waren es im Jahr 2002 noch rd. 2,6 Mio. Wohnungen mit Preisbindung, verringerte sich die Zahl bis zum Jahr 2016 auf nur noch rd. 1,3 Mio. Wohnungen.

Aktuelle Zahlen des GdW unterstreichen diesen Trend. Die Unternehmen im GdW bewirtschaften knapp 61 Prozent der Sozialwohnungen in Deutschland. Im Jahr 2016 gab es bei den GdW-Unternehmen insgesamt nur noch 812.256 Wohnungen mit Mietpreis- oder Belegungsbindung. Das sind über 28.000 Wohnungen weniger als noch in 2015. „Diesem Minus stehen nur 5.297 Wohnungen gegenüber, die im Jahr 2016 mit Mietpreis- oder Belegungsbindung, also als ‚Sozialwohnungen‘ neu errichtet wurden“, kommentierte Axel Gedaschko die Entwicklung. Die Zahl der neu gebauten Sozialwohnungen hat sich zwar im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt, dennoch ist diese Menge angesichts des großen Wohnungsbedarfes als Tropfen auf den heißen Stein zu sehen. „Es gibt dringenden Handlungsbedarf. Wir brauchen am Wohnungsmarkt einen Mix aus Sozialwohnungen und bezahlbaren Wohnungen für die Mittelschicht. Besonders in den Ballungsregionen wird es derzeit immer schwerer, den Bedarf an bezahlbaren Wohnungen dauerhaft zu sichern.

GdW-Präsident Gedaschko begrüßte in diesem Zusammenhang, dass die Bundesregierung die Mittel für die soziale Wohnraumförderung auf 1,5 Mrd. Euro aufgestockt hat: „Dies ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Die Voraussetzung dafür, dass wieder die jährlich notwendigen 80.000 Sozialwohnungen geschaffen werden könnten, ist allerdings, dass die Länder ihrerseits mit eigenen Mitteln in gleicher Höhe für die Wohnraumförderung zweckgebunden ergänzen.

Angesichts des notwendigen Neustarts beim sozialen Wohnungsbau ist es problematisch, dass ab 2020 nur noch die Länder für die soziale Wohnraumförderung zuständig sind. Der Bund sollte auch nach 2019 eine finanzielle Mitzuständigkeit haben, forderte der GdW-Präsident. „Wenn dafür das Grundgesetz geändert werden muss, dann kann man das angehen.“

WAS KOSTET DAS WOHNEN IN DEUTSCHLAND?

Wohnen in Deutschland wird teurer –
GdW-Unternehmen stabilisieren Mietenentwicklung

„Die größten Preiserhöhungen für die Mieter sind in den letzten Jahren durch steigende Energiepreise, Stromkosten und Steuern entstanden. Diese drastische Teuerung gilt in ganz Deutschland und für alle Mieter“, erklärte Gedaschko. Während die Nettokaltmieten bundesweit seit dem Jahr 2000 nur um 23 Prozent gestiegen sind, sind die Preise bei den kalten Betriebskosten – dazu gehören Wasserversorgung, Müllabfuhr, Steuern und andere Dienstleistungen – im gleichen Zeitraum um 25 Prozent nach oben geklettert. Größter Preistreiber bei den Wohnkosten sind weiterhin eindeutig die Energiepreise. Die Verbraucherpreise für Gas, Heizöl und andere Haushaltsenergie sind seit dem Jahr 2000 um über 76 Prozent gestiegen. Nach einer Phase der spürbaren Entspannung bei den Energiepreisen in den Jahren 2014/2015 sind die Preise für Heizöl, Gas und andere Energieträger sein Anfang 2016 wieder auf leichten Wachstumskurs. Flüssige Brennstoffe wie leichtes Heizöl verteuerten sich über den gesamten Zeitraum von 2000 bis 2017 um 61 Prozent, Gas um 82 Prozent und Fernwärme sogar um 83 Prozent.

Die Stromkosten, die meistens direkt mit den Anbietern abgerechnet werden und daher kein Bestandteil der von den Wohnungsunternehmen umgelegten Betriebskosten sind, kletterten seit dem Jahr 2000 ebenfalls um 105 Prozent und trugen somit weit mehr zur Überteuerung des Wohnens bei als die Nettokaltmieten.

Die zuletzt leicht gesunkenen Energiepreise machen gleichzeitig ein großes Dilemma deutlich: Die von der Bundesregierung angenommenen Einspareffekte infolge umfassender energetischer Modernisierungen werden angesichts der geringeren Preise, beispielsweise für Gas und Heizöl, noch langsamer bzw. gar nicht eintreten. „Energetische Modernisierungen auf solch hohem Niveau, wie sie mittlerweile in Deutschland vorgeschrieben sind, sind angesichts geringerer Energiepreise auch für die Mieter schlicht und ergreifend unwirtschaftlich“, erklärte GdW-Präsident Gedaschko. „Das zeigt: Die Bundesregierung darf die energetischen Anforderungen auf gar keinen Fall noch weiter verschärfen, sondern muss hier neue Ansätze finden, um die Energiewende im Gebäudebereich zu schaffen und für Vermieter und Mieter machbar zu gestalten: Gering investive Maßnahmen zur Unterstützung des Mieters beim Energiesparen und vor allem die dezentrale Energieerzeugung – CO2-arm und preiswert – sind die richtigen Antworten.

GdW-Mieten liegen bei 5,51 Euro/m2 und damit unter dem Bundesdurchschnitt

Die Nettokaltmieten sind in den GdW-Unternehmen von 2015 auf 2016 um 15 Cent auf 5,51 Euro/m² gestiegen. Für die Mietwohnungen in Deutschland insgesamt ergibt sich unter Verwendung von Daten des Sozioökonomischen Panels und den Steigerungsraten des Mietenindex für das Jahr 2016 eine durchschnittliche Nettokaltmiete von 5,78 Euro/m². Damit liegen die Nettokaltmieten in den Beständen des GdW unter dem Durchschnitt der bundesweiten Bestandsmieten. Letztere sind im Verlauf des Jahres 2016 um 1,2 Prozent bzw. um 7 Cent/m² gestiegen. Trotz des moderaten Mietanstiegs wirkt das Wohnungsangebot der GdW-Unternehmen weiterhin beruhigend auf das Mietniveau. Bei einer Wohnfläche von 70 Quadratmetern zahlten Mieterhaushalte in Wohnungen der GdW-Unternehmen somit 227 Euro weniger im Jahr als der Durchschnitt aller Mieterhaushalte. Die Unterschiede nach Regionen und Wohnungssegmenten sind hier selbstverständlich sehr groß.

GdW-Betriebskosten 2016: Kalte Betriebskosten stabil – warme rückläufig

Die Betriebskosten haben sich bei den GdW-Unternehmen im Vergleich zu den Preissteigerungen bei den einzelnen Kostenarten nur relativ geringfügig erhöht. Die Mieter mussten für die kalten Betriebskosten im Jahr 2016 durchschnittlich 1,49 Euro/m² vorauszahlen – und damit nur 2 Cent/m2 mehr als im Vorjahr. Die Vorauszahlungen bei den warmen Betriebskosten sind von 2015 auf 2016 sogar um 1 Cent/m2 gesunken und liegen jetzt bei 1,10 Euro/m².

Die GdW-Unternehmen haben große Anstrengungen in die weitere Professionalisierung des Betriebskostenmanagements gesteckt – z. B. im Bereich der Müllentsorgung. In den vergangenen zehn Jahren haben die GdW-Unternehmen gut 31 Mrd. Euro in die Modernisierung ihrer Bestände investiert – also fast 8,5 Mio. Euro pro Tag. Diese Investitionen sind nicht nur gut für Umwelt und Klimaschutz, sondern halten Wohnen auch bezahlbar, weil sie trotz hoher Energiepreise die warmen Betriebskosten deutlich dämpfen.


Tabelle: Nettokaltmiete und Betriebskostenvorauszahlungen (in Euro/m² pro Monat) bei den GdW-Unternehmen

Miete nettokaltkalte Betriebskostenwarme Betriebskosten
20125,041,391,08
20135,151,411,12
20145,271,431,13
20155,361,471,11
20165,511,491,10

Quelle : GdW-Jahresstatistik

Neu- und Wiedervermietungsmieten steigen bundesweit um 4,9 Prozent

Die Mieten am Markt angebotener Wohnungen aus Erst- und Wiedervermietungen haben in den letzten Jahren bundesweit erneut deutlich zugelegt; 2016 um 4,9 Prozent auf durchschnittlich 7,65 Euro/m² nettokalt. „Dieser Anstieg ist höher als im Vorjahr“, so Gedaschko. 2015 waren die Neu- und Wiedervermietungsmieten noch um 3,2 Prozent gestiegen. Insbesondere in den kreisfreien Städten zogen die Mieten überdurchschnittlich um 5,6 Prozent an. Die Wohnungssuche ist für viele Mieterhaushalte schwieriger geworden. Die Ursachen liegen in den Angebotsengpässen vieler Städte und Regionen, die trotz steigender Genehmigungs- und Neubauzahlen bisher noch nicht abgebaut werden konnten.“

Anderseits ist die Datenlage zur Entwicklung der Neu- und Wiedervermietungsmieten in Deutschland deutlich verzerrt und die Steigerung der Mieten damit ein gutes Stück weit überzeichnet. Auswertungen zu Angebotsmieten beruhen mangels Alternativen auf Auswertungen von Online-Plattformen für Mietwohnungsvermittlung. Gerade in angespannten Märkten werden die Wohnungen der GdW-Unternehmen nicht mehr über diese Plattformen vermittelt, was generell auch für andere preisgünstige Wohnungen zutrifft, die über Empfehlungen und unter der Hand neu vermietet werden. Genossenschaften haben oft lange Wartelisten und die kommunalen Unternehmen können ihren Wohnungsbestand aufgrund der dargestellten Preisvorteile oft ohne die Unterstützung kommerzieller Plattformen neu vermieten. Fallstudien zu den Wohnungsmärkten von Hamburg und Berlin haben etwa gezeigt, dass die Neu- und Wiedervermietungsmieten bei den GdW-Unternehmen 38 Prozent (Hamburg) bzw. 30 Prozent (Berlin) unter dem aus den Online Plattformen ermittelten Marktmieten lag. In Hamburg liegen die Angebotsmieten (nettokalt) bei den GdW-Unternehmen bei 6,37 Euro /m². Bei den Online-Portalen liegen sie wiederum bei 10,39 Euro/m². In Berlin liegen die Angebotsmieten (nettokalt) bei den GdW-Unternehmen bei 6,31 Euro/m², bei den Online‐Portalen wiederum bei 9,01 Euro /m². „Oft wird ohne die nötige wissenschaftliche Sorgfalt darüber hinweg gegangen, dass das aus Online-Plattformen ermittelte Mietniveau keineswegs repräsentativ ist“, so Gedaschko. „Auch in den Fußnoten wird in der Regel nicht auf dieses Missverhältnis hingewiesen.“

GDW-UNTERNEHMEN AN DER SPITZE DER WOHNUNGSWIRTSCHAFTLICHEN ENTWICKLUNG – WENIGER ENERGIEVERBRAUCH, AKTIVE STADTENTWICKLUNGSPOLITIK

Ein zentrales Thema für die Wohnungswirtschaft ist die Umsetzung der Energiewende im Gebäudebereich. „Wir können hier nur vorankommen, wenn die Unternehmen unter der Maßgabe ihrer Wirtschaftlichkeit und der Leistungsfähigkeit der Mieter handeln können. Die Umsetzung von Energiesparmaßnahmen muss sich für Eigentümer und Mieter lohnen“, erklärte Gedaschko. „Freiwilligkeit und Flexibilität bei den Energiesparmaßnahmen haben sich bei Wohngebäuden bisher bestens bewährt. Es dürfen auch zukünftig keine Zwangsmaßnahmen verordnet werden, sondern wir brauchen noch stärkere Anreizsysteme. Zusätzliche, überhöhte energetische Mindestanforderungen würden dagegen jegliches wirtschaftliches Handeln der Wohnungswirtschaft untergraben.

Bei höheren energetischen Standards im Neubau sollen Energie und damit Energiekosten gespart werden. Die Fördermittel der KfW helfen dabei. Gleichzeitig entstehen aber höhere Investitionskosten, die im vermieteten Wohnungsbau höhere Mieten erforderlich machen. Die zusätzlich einsparbare Energiemenge wird bei der kontinuierlichen Verschärfung von Standards immer kleiner, die Aufwendungen dafür werden größer. „Höhere energetische Standards erhöhen deshalb die Wohnkosten. Dies insbesondere, weil jeder gesetzliche Standard in Deutschland keine Förderung erhält“, erklärte Gedaschko. Ein Vergleich zeigt, dass selbst ein Gebäude nach EnEV 2009 im Vergleich zu einem Effizienzhaus-55 trotz etwas höherer Energiekosten auch nach 20 Jahren noch geringere Wohnkosten aufweist.

Eingesparte Energie bei den GdW-Wohnungsunternehmen reicht für 6 Reisen zum Mars und zurück

„Die Wohnungswirtschaft wird ihrer Vorreiterrolle beim Erreichen der Klimaschutzziele weiterhin gerecht: Der Energieverbrauch der GdW-Unternehmen ist in den letzten beiden Jahren um insgesamt 3 Prozent gesunken. Er liegt deutlich unter dem Bundesdurchschnitt aller Wohnungen“, erklärte Axel Gedaschko, Präsident des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Der mittlere, temperaturbereinigte Energieverbrauch für Raumwärme und Warmwasser der GdW-Wohnungen beträgt 130 Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr (kWh/(m²a)), wie die Analyse der abgerechneten Energieverbräuche für 2015 ergeben hat. Bundesweit lag dieser Wert 2015 bei 155 kWh/(m²a) und damit um rund 20 Prozent höher als bei den Wohnungen der vom GdW vertretenen Unternehmen. Dazu kommt, dass die vermieteten Wohnungen im GdW eine durchschnittliche Wohnfläche von nur 61 m² aufweisen, während die mittlere Wohnfläche aller Wohnungen in Deutschland 88 m² beträgt.

Mit der von den GdW-Unternehmen in den letzten beiden Jahren eingesparten Energie, umgerechnet in Heizöl bzw. Diesel, könnte man mit einem 5-Liter-Auto insgesamt 2,93 Mrd. Kilometer zurücklegen. Dies bedeutet, man könnte 6 mal zum Mars und wieder zurück fahren. Je nach Fahrweise und Planetenkonstellation würde dann beim 7. Mal auf der Hin- oder Rücktour der Diesel ausgehen.

Stadtumbau: Leerstandsquote bei ostdeutschen Wohnungsunternehmen kaum noch rückläufig

Die Leerstandsquote in den ostdeutschen Ländern ist von 2015 auf 2016 um 0,2 Prozentpunkte auf 8,3 Prozent durch Sondereffekte leicht gesunken. Die Ursache dafür ist die Zuwanderung aus den EU-Ländern und Fluchtbewegungen aus Kriegsgebieten. Dennoch: Der Wohnungsknappheit in den Metropolräumen und Universitätsstädten stehen weiterhin die schrumpfenden Regionen mit ihren besonderen Herausforderungen gegenüber. Bei den GdW-Unternehmen in den ostdeutschen Bundesländern (ohne Berlin) standen Ende 2016 149.412 Wohnungen leer.

Für 2017 erwartet der GdW einen marginalen Rückgang der Leerstandsquote in den neuen Ländern von 8,3 Prozent auf 8,2 Prozent. Deutschland erlebt eine demografische Spaltung. Während zahlreiche Großstädte rasant wachsen und Wohnungen dort immer rarer und teurer werden, verlieren viele ländliche Regionen – in Ost-, aber auch in Westdeutschland – ungebremst Einwohner und werden immer unattraktiver. Eindeutige Gewinner der Binnenwanderung sind lediglich 30 kreisfreie Großstädte, die sogenannten ‚Schwarmstädte‘. Dort hat sich die Zahl der jungen Einwohner aus den Geburtsjahrgängen 1973-1993 in nur fünf Jahren (2008-2013) mehr als verdoppelt. Um Schrumpfung und Attraktivitätsverlust in ländlichen Regionen aufzuhalten und die Lebensqualität dort langfristig zu sichern, ist eine Reihe von Maßnahmen notwendig. Der GdW hat dazu einen 10-Punkte-Plan veröffentlicht.

Bundesländervergleich der GdW-Wohnungsunternehmen: Sachsen-Anhalt mit höchster, Hamburg mit niedrigster Leerstandsquote

Sachsen-Anhalt weist – bezogen auf die Bestände der GdW-Wohnungsunternehmen – mit
10,3 Prozent bundesweit die höchste Leerstandsquote auf. Gegenüber dem Vorjahr ist sie um 1 Prozent gesunken. Damit ist Sachsen-Anhalt das einzige noch zweistellige Bundesland in diesem Bereich. Sachsen liegt mit einem Leerstand von knapp über 8,6 Prozent nun deutlich dahinter. Die niedrigste Quote in den neuen Bundesländern hat – abgesehen vom Stadtstaat Berlin – Mecklenburg-Vorpommern mit 5,9 Prozent. In den westdeutschen Ländern hat das Saarland mit einer Leerstandsquote von 4,5 Prozent den höchsten Wert vorzuweisen. Darauf folgen Rheinland-Pfalz mit stabilen 2,7 Prozent und Nordrhein-Westfalen mit nur noch 2,2 Prozent. Der Stadtstaat Hamburg hat mit 0,9 Prozent die niedrigste Leerstandsquote aller Bundesländer. Mit 1,5 bzw. 1,6 Prozent verfügen Niedersachsen und Hessen über die niedrigsten Leerstandsquoten westdeutscher Flächenländer.


10 FAKTEN zum Wohnungsbau


Willkommenskultur für Bagger und Neubau – Vorfahrt für den Wohnungsbau

Bezahlbarer Wohnungsbau, städtebaulich eingepasst und in guter Qualität, ist das Gebot der Stunde. Vielfältige Hemmnisse und Zielkonflikte stehen dem entgegen und zwar gerade dort, wo die Wohnungsmärkte am angespanntesten und neue Wohnungen am dringlichsten sind: in den Metropolregionen und Großstädten. Es fehlt an Grundstücken, aber auf der grünen Wiese soll nicht gebaut werden. Falls kommunale Grundstücke für den Wohnungsbau vorhanden sind, stehen die Kommunen im Zwiespalt zwischen fiskalischem Interesse an hohen Grundstückspreisen und dem sozialen Ziel, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Wenn ein Standort für bezahlbaren Wohnungsbau gefunden ist, wird es immer schwieriger, die Zustimmung der benachbarten Bewohnerschaft zu erreichen. Lokale Interessen müssen nicht immer im Einklang mit gesamtstädtischen Interessen stehen. Planungsverfahren sind langwieriger geworden, weil Zielkonflikte, wie zum Beispiel zwischen den Belangen des Umweltschutzes und des Wohnungsbedarfs, immer schwieriger auszuhandeln sind.

Das Bauen soll kostengünstiger werden, aber wachsende Ansprüche an die Wohnqualität stehen dem entgegen. Die Gebäude sollen energieeffizient gebaut werden, erneuerbare Energien nutzen, gestiegene Anforderungen an Schall-, Brand- und Naturschutz einhalten, am besten barrierefrei sein, über moderne Medienversorgung, eine zukunftsfähige Elektroinstallation, Unterstützungssysteme für ältere Menschen und erhöhte Sicherheitsstandards, z. B. bei Aufzügen und Trinkwasserzubereitung, verfügen. Zudem treibt eine wachsende Normen und Standardflut die Baukosten. Dies zeigt: Notwendig ist eine gesamtgesellschaftliche Kraftanstrengung auf der Basis einer öffentlichen Diskussion der Gesellschaft darüber, welche Prioritäten gesetzt werden müssen, damit alle in Deutschland gut und sicher wohnen können.

Fakt 1

Es werden zu wenige Wohnungen gebaut.

Seit Jahren werden in Deutschland weniger Wohnungen gebaut als benötigt. Vor allem in den Großstadtregionen ist es für Haushalte mit mittleren und niedrigen Einkommen schwieriger geworden, bezahlbare und bedürfnisgerechte Wohnungen zu finden. Das zu niedrige Neubauvolumen hat verschiedene Ursachen. Fehlende Grundstücke, hohe Baukosten, langwierige und aufwendige Genehmigungsverfahren, unzureichende Wohnungsbauförderung und Anwohnerproteste. Die Anzahl und Struktur der Baugenehmigungen und Baufertigstellungen zeigt, dass vor allem der mehrgeschossige Mietwohnungsbau mittelfristig hinter dem Bedarf zurückbleibt. Es fehlen 80.000 zusätzliche Sozialwohnungen und 60.000 bezahlbare Mietwohnungen pro Jahr.

Deshalb: Zehn-Punkte-Plan des Bündnis für bezahlbares Wohnen und bauen jetzt umsetzen


Fakt 2

Bauen ist zu teuer.

Der deutsche Wohnungsbau ist im internationalen Vergleich von hoher Qualität, aber teuer. Die Bauwerkskosten sind trotz vieler Bemühungen um Effizienzsteigerung in den Jahren 2000 bis 2016 um rund 45 Prozent gestiegen. Allein die Kostensteigerung durch die restriktiver gewordenen Verordnungen zur Energieeinsparung (EnEV) betrug 16 Prozent seit dem Jahr 2002. Die Einsparungen aus verminderten Heizkosten können dies nur zum Teil gegenfinanzieren, zumal der betriebliche Aufwand für energetisch hocheffiziente Gebäude deutlich ansteigt. Mit dem derzeitigen Neubaustandard ist die Grenze der Wirtschaftlichkeit längst erreicht. Höhere Standards wie KfW 55 lassen sich ohne Förderung gar nicht mehr darstellen. In der Gesamtbetrachtung sind kaum noch energetische Fortschritte zu erzielen. Die Mehrkosten gehen 1:1 in eine höhere Miete und Betriebskosten ein. Eine Folge ist, dass kaum Wohnungen zu bezahlbaren Mieten im frei finanzierten Wohnungsbau entstehen. Nur kaufkräftige Haushalte sind in der Lage, die wirtschaftlich notwendigen Mieten zu bezahlen bzw. Eigentum zu erwerben.

Deshalb: Neukonzeption/Zusammenführung der Energieeinsparverordnung und des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes – unter Maßgabe der Wirtschaftlichkeit aller Maßnahmen


Fakt 3

Steuerliche Regelungen und Realität passen nicht zusammen.

Wir brauchen mehr bezahlbaren Wohnungsbau in Deutschland. Die Unternehmen der Wohnungswirtschaft (WohWi) stehen dazu als Partner bereit. Um den enormen Bedarf befriedigen zu können, ist es wichtig, auch private Bauherren für den Geschosswohnungsbau zu aktivieren. Die aktuellen Abschreibungsmöglichkeiten im Wohnungsbau entsprechen nicht mehr den Erfordernissen. Bei den derzeitigen Abschreibungsmöglichkeiten – linear in Höhe von 2 Prozent – wird von einer „Lebenszeit“ von Gebäuden von 50 Jahren ausgegangen. Moderne Gebäude zeichnen sich aber durch komplexe Anlagentechnik mit viel kürzeren Lebenszeiten aus. Heute ergibt sich daraus eine durchschnittliche Lebensdauer des Gebäudes von 36 Jahren. Eine Anpassung auf 3 Prozent ist folgerichtig und wäre sachgerecht.

Deshalb: Erhöhung der linearen AfA auf mindestens 3 Prozent, Senkung der Grunderwerbsteuersätze, Senkung der Grundsteuer


Fakt 4

Die Normenflut treibt die Kosten.

Die Anzahl der Normungen wird seit Jahren immer größer. Anfangs waren die Standardisierungs- und Regelungsbedarfe auf einzelne klar definierte technische Handlungsfelder begrenzt. Heute entsteht der Eindruck, dass alles eine Norm haben muss. Die Normung hat sich zusätzlich stark internationalisiert. Dabei ist sie immer mehr der Einflussnahme der nationalen Normenanwender (Bund, Länder, Kommunen, Industrie, Ingenieure, Architekten, Handwerk etc.) entzogen. Neben den für das Bauen relevanten Normen (DIN, EN, ISO), zusammen mit Gesetzen, Verordnungen, Richtlinien, Satzungen etc., ergibt sich ein extrem umfangreiches und damit kaum noch überschaubares Regelwerk. Die mehr als 20.000 Bauvorschriften und die inhaltlichen Anforderungen bewirken immer höhere Bauwerkskosten. Parallel haben sich die Kontrolle der Einhaltung der Normen sowie die Durchsetzung von Ansprüchen gegenüber Herstellern und Baufirmen nahezu vollständig in den privatrechtlichen Bereich verschoben, was das Bauen teuer macht. 1990 gab es übrigens insgesamt 5.000 dieser Normen und Gesetze.

Deshalb: Empfehlungen der Baukostensenkungskommission umsetzen, Normungswesen auf den Prüfstand stellen


Fakt 5

Es gibt zu wenig Bauland und zu wenig Planungskapazitäten.

Flächensparender Wohnungsbau leistet seit Jahren einen zentralen Beitrag zur Innenentwicklung der Städte. Innerstädtische Grundstücke sind jedoch nur begrenzt verfügbar, vor allem in Städten mit angespannten Wohnungsmärkten. Je weniger bebaubare Grundstücke es gibt, umso mehr steigen die Grundstückspreise. Kommunale Bodenvorratspolitik und Baulandentwicklungspolitik werden immer wichtiger. Das politische Ziel, den Flächenverbrauch auf 30 ha pro Tag zu begrenzen, stammt aus einer Zeit, als Deutschland schrumpfte. Es wirkt heute angesichts des deutlichen Bevölkerungswachstums und der auf bestimmte Stadtregionen konzentrierten Binnenwanderung unrealistisch. Mehrgeschossiger Wohnungsbau in Mehrfamilienhäusern ist energieeffizienter und spart gegenüber dem Bau von Eigenheimen mehr als die Hälfte der Fläche. Er kann einen erheblichen Beitrag zur Reduzierung der Flächenversiegelung leisten. Die Anforderung, schneller und mehr Bauland zu Verfügung zu stellen scheitert aktuell häufig an fehlenden Planern.

Deshalb: Vergünstigte Bereitstellung von Bauland und Grundstücken der öffentlichen Hand unter Voraussetzung der Konzeptqualität – Auch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben des Bundes muss hier mitziehen


Fakt 6

Wir brauchen zügige Planungsverfahren und schnellere Fertigstellungen.

Im Vorfeld des Bauens sind vielfältige Interessen gegeneinander abzuwägen. Daher sind die Anforderungen und der damit verbundene Aufwand für die Planung hoch. In den Ämtern steht jedoch für eine zügige Abwicklung zu wenig Personal zur Verfügung. Das hat Auswirkungen: Baugenehmigungen dauern viel zu lange. Je nachdem, für welches baurechtliche Verfahren die Behörden sich entscheiden, kann es bis zur Fertigstellung des Bauvorhabens zwischen 3,5 und 7 Jahren dauern. Zudem sind planungsrechtliche Verfahren zur Festlegung von Standorten, Baudichten und Nutzungen kompliziert und konfliktanfällig. Sie ziehen sich häufig über lange Zeiträume hin. Zum Beispiel führen die sich zuweilen widerstreitenden Belange des Umweltschutzes und des Wohnungsbaus zu Verzögerungen oder gar zum Stopp des Vorhabens.

Deshalb: Bauämter mit ausreichend Personal ausstatten, Planungsverfahren vereinfachen und beschleunigen


Fakt 7

Zu viel „Stein auf Stein“ am Bau.

Das Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen hat untersucht, wie der Wohnungsknappheit vor allem in den Ballungszentren und an Hochschulstandorten begegnet werden kann. Das Aktionsprogramm zur Intensivierung des Wohnungsbaus zielt darauf ab, „serielles Bauen für ansprechenden und günstigen Wohnraum zu forcieren“. Das spiegelt auch die Erwartungen der Baukostensenkungskommission an die Bau- und Wohnungswirtschaft wider, mithilfe serieller und modularer Bauweisen Kosten- und Zeitvorteile zu erzielen. Viele Wohnungsunternehmen sehen das genauso: eine Befragung der WohWi-Unternehmen ergab eine hohe Bereitschaft für serielles und modulares Bauen. Mehr als 70 Prozent der befragten Unternehmer haben Interesse an Typenbau und Typengenehmigung. Rund 50 Prozent planen, künftig serielle oder modulare Elemente beim Bau einzusetzen. Und 15 Prozent sind hier Pioniere. Sie machen es bereits! Wohnungswirtschaft und Bauindustrie haben sich daher gemeinsam entschlossen, in einem Wettbewerb nach Lösungen im Systembau zu suchen.

Deshalb: Lösungen für serielles Bauen und Wohnen unterstützen, bundeseinheitliche Musterbauordnung umsetzen


Fakt 8

Wir müssen mehr bauen – aber nicht bei mir!“

Die Akzeptanz der Bevölkerung für das Bauen innerhalb vorhandener Nachbarschaften, aber auch auf größeren innerstädtischen Brachflächen und am Stadtrand, ist in den letzten Jahren zurückgegangen. Der Allgemeinheit dienende Wohnungsbauvorhaben stoßen auf lokaler Ebene zunehmend auf Widerstände und scheitern mitunter an Gruppeninteressen. Eingeübte Beteiligungsverfahren stoßen an ihre Grenzen. Allerdings zeigen auch neue Instrumente der Partizipation, die eine rechtzeitige Einbeziehung der Bürger und Akteure sicherstellen (z. B. Szenarienworkshops, Bürgervertretungen, Stadtteilschule), positive Wirkungen auf die Realisierbarkeit von Bauvorhaben.

Deshalb: Gutes Klima für Wohnungsbau schaffen, Aufgaben, aber auch Grenzen der Partizipation festlegen


Fakt 9

Es gibt viel zu wenige altersgerechte Wohnungen.

Die Anzahl der Menschen im Alter von 65 Jahren und älter wird in Deutschland von 17,3 Mio. im Jahr 2015 um fast 30 Prozent auf rund 22,3 Mio. im Jahr 2030 steigen. Nach aktuellen Berechnungen gibt es derzeit etwa 700.000 altersgerechte Wohnungen. Das sind weniger als 2 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes in Deutschland. Die Lücke wird größer: Bis 2035 werden zusätzlich 2,9 Mio. altersgerechte Wohnungen benötigt. Dafür wären Investitionen in Höhe von bis zu 50 Mrd. Euro notwendig. Vom altersgerechten Umbau profitieren die Menschen nicht nur durch eine höhere Lebensqualität und einen längeren Verbleib in der vertrauten Umgebung. Auch die Pflegekassen und Sozialhaushalte würden spürbar entlastet.

Deshalb: Altersgerechten Umbau von Wohnungen stärker stützen und fördern


Fakt 10

Förderung ermöglicht bezahlbares Wohnen.

Wohnraum- und Städtebauförderung leisten wesentliche Beiträge für einen Wohnungsbau, der für Bauherren wirtschaftlich tragbar ist und gleichzeitig bezahlbare Mieten ermöglicht. Der Multiplikator der Städtebauförderung bewirkt pro 1 Euro Förderung fast das 9-fache an privatem Kapital. Unter Berücksichtigung der steuerlichen Rückflüsse sind die im Wohnungs- und Städtebau eingesetzten öffentlichen Mittel eine besonders effektive Form der Investitionsförderung. Sozialer Wohnungsbau: Es ist absolut zu begrüßen, dass die Mittel für den sozialen Wohnungsbau von 518 Mio. Euro auf 1,5 Mrd. aufgestockt wurden. Dennoch ist es ein großes Problem, dass aufgrund der Förderalismusreform die Zuständigkeit für den Wohnungsbau nach 2019 auch in finanzieller Hinsicht ausschließlich den Ländern zufällt.

Deshalb: Der Bund muss sich im Zusammenspiel mit den Ländern weiter finanziell an der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe des sozialen Wohnungsbaus beteiligen.

Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen vertritt als größter deutscher Branchendachverband bundesweit und auf europäischer Ebene rund 3.000 kommunale, genossenschaftliche, kirchliche, privatwirtschaftliche, landes- und bundeseigene Wohnungsunternehmen. Sie bewirtschaften rd. 6 Mio. Wohnungen, in denen über 13 Mio. Menschen wohnen. Der GdW repräsentiert damit Wohnungsunternehmen, die fast 30 Prozent aller Mietwohnungen in Deutschland bewirtschaften.

FAVORIT_URB_0025 Andreas Schichel Leiter Pressestelle & Pressesprecher +49 30 82403-150

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