6. November 2018 Pressemeldungen

GdW, vzbv, DMB: Herber Rückschlag für die Energiewende: Mieterstromprojekte stehen vor dem Aus

Berlin – Die zukunftsweisenden Mieterstromprojekte, die eine lokale erneuerbare Stromerzeugung und eine aktive Einbeziehung der Mieter in die Energiewende ermöglichen, stehen nach einem neuen Gesetzentwurf schon wieder vor dem Aus, warnen der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW, der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und der Deutsche Mieterbund (DMB). Mit dem Energiesammelgesetz soll bereits ab 1. Januar 2019 die Einspeisevergütung für Solaranlagen mit einer Größe von über 40 Kilowatt deutlich abgesenkt werden. Diese Absenkung würde 1:1 auch für die vielen innovativen Mieterstromanlagen gelten, denn der Mieterstromzuschlag ist an die Einspeisevergütung gekoppelt. Eine Mieterstromanlage mit 100 Kilowatt Leistung würde dann nur noch 0,75 Cent pro Kilowattstunde erhalten statt 1,97 Cent pro Kilowattstunde nach geltender Rechtslage.

„So wird der Energiewende auf Quartiersebene hinterrücks der Garaus gemacht“, warnte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft GdW. „Die Bundesregierung muss hier dringend nachbessern und die beihilferechtlich gebotene Absenkung der Einspeisevergütung und den Mieterstromzuschlag sauber voneinander trennen. Es kann nicht sein, dass gerade diejenigen Projekte, die Mietern einen kostengünstigen und umweltschonenden Strombezug ermöglichen, beerdigt werden, bevor sie überhaupt richtig ins Laufen kommen. Die Energiewende braucht Planbarkeit!“

Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), betonte: „Mieterstrom ist noch immer das Stiefkind der Energiewende. Das Mieterstromgesetz hat bis heute nur sehr wenige Mieterstromprojekte zusätzlich ermöglicht. Jetzt sollen die finanziellen Rahmenbedingungen noch einmal verschlechtert werden. Für den Erfolg des Mieterstroms braucht es die Aufhebung der Ungleichbehandlung von erneuerbarem eigenem Strom und Mieterstrom, die Beseitigung von bürokratischen Hürden für Gebäude mit bis zu sechs Wohneinheiten und die Möglichkeit der Versorgung von Nachbargebäuden mit Mieterstrom. Nur so kann die Energiewende auch in die Städte kommen.“

„Schon im Sommer diesen Jahres haben wir zusammen mit vielen anderen Verbänden festgestellt, dass das vor einem Jahr in Kraft getretene Mieterstromgesetz droht, ein Flopp zu werden. Der erhoffte Erfolg, zum Beispiel der Versuch, erneuerbare Energien in die Städte zu tragen, Mieter an der Energiewende partizipieren zu lassen, ist nicht eingetreten“, erklärte der Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten. „Statt aber unsere Nachbesserungsvorschläge aufzugreifen und zum Beispiel die Förderung von Mieterstrom zu verbessern, soll jetzt durch eine Absenkung der Einspeisevergütung der Mieterstrom-Zuschlag gekürzt werden. Das ist eine energiepolitische Wende rückwärts und zeigt, wie halbherzig die Politik das Thema Mieterstrom immer noch behandelt.“

Wohnungsunternehmen planen für das Jahr 2019 zahlreiche Mieterstromprojekte im Bereich von über 40 Kilowatt. Schon mit dem aktuellen Mieterstromzuschlag bewegen sie sich am Rande der Wirtschaftlichkeit. Die geplante Absenkung des Mieterstromzuschlags würde das Ende für viele zukunftsweisende Planungen bedeuten – und sie steht in krassem Gegensatz zu einer kürzlichen Entschließung des Bundesrates, nach der alle vorhandenen Photovoltaik-Potenziale insbesondere in den urbanen Räumen gehoben werden müssen. Gerade Mieterstromprojekte ermöglichen einen besonders flächenschonenden Zubau von erneuerbaren Energien in Städten und Ballungsräumen. Gemeinsam mit den dazugehörigen Quartierskonzepten sind Mieterstromanlagen essentielle Bausteine für das Erreichen der Klima- und Ausbauziele für erneuerbare Energien.

Was zu tun ist: Energiesammelgesetz nachbessern

„Wenn hier nicht nachgebessert wird, dann werden hochinnovative Projekte zur Förderung der Energiewende auf Bürgerebene im Keim erstickt“, so der GdW-Chef. Von dem bestehenden jährlichen 500-Megawatt-Deckel für Mieterstromprojekte wurde bisher gerade einmal ein einziges Prozent ausgeschöpft. Das liegt auch daran, dass Mieterstromprojekte generell immer noch vor zahlreichen Hürden stehen. So ist das Mieterstromgesetz für Quartierskonzepte nicht gut geeignet, da jede Anlage einzeln betrachtet und den Letztverbrauchern im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zugeordnet werden muss.

Mit dem geplanten Energiesammelgesetz muss der Gesetzgeber deshalb nicht nur den geltenden Mieterstromzuschlag erhalten. Er muss auch dringend klarstellen, dass Quartiersstromkonzepte im Mieterstrommodell ausdrücklich zugelassen sind und dass eine Beschränkung auf unter 100 Wohneinheiten auch über die Auslegung des Begriffs der Kundenanlage ausdrücklich nicht besteht. Außerdem wäre die Beschränkung auf 100 kWp pro Gebäude aufzuheben oder jedenfalls durch eine Regelung zu ersetzen, die Anlagen mit bis zu 250 kWp pro Gebäude zulässt.

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Die GdW-Stellungnahme finden Sie hier.

Die Pressemitteilung zum Download finden Sie hier 314.42 kB.

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FAVORIT_URB_0025 Andreas Schichel Leiter Pressestelle & Pressesprecher +49 30 82403-150

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