Bundestagswahl 2025: Was fürs Wohnen in den nächsten vier Jahren wichtig ist
Das ausführliche Positionspapier des GdW zur Bundestagswahl finden Sie hier.
Bezahlbares Bauen wieder ermöglichen – für Klimaziele endlich den smarten, sozial gerechten Weg einschlagen
Die Lage des Wohnungsbaus in Deutschland ist weiterhin mehr als besorgniserregend und erfordert dringendes Handeln. Trotz des klaren Bedarfs an mehr Wohnraum in vielen Regionen des Landes, insbesondere in den großen Metropolen, sind die Zahlen der Baugenehmigungen seit zwei Jahren rückläufig. Dies führt zu einer wachsenden Kluft zwischen Angebot und Nachfrage, die vor allem in städtischen Ballungsgebieten immer dramatischer wird. Gleichzeitig stellt der klimafreundliche Umbau des Gebäudebestands eine enorme Herausforderung dar. Bezahlbares Wohnen ist die zentrale Säule für den gesellschaftlichen Zusammenhalt – sie muss langfristig abgesichert und gleichzeitig muss die klima- und altersgerechte Transformation des Gebäudebestands ermöglicht werden. Nur so wird Deutschland ein Land mit den richtigen Voraussetzungen für wirtschaftlichen Erfolg und soziale Gerechtigkeit bleiben.
Deshalb ist es wichtig, dass die kommende Regierung – wie sie auch aussehen mag – nicht nur mit guten Absichten antritt, sondern die drängenden Themen zügig angeht und umsetzt. Um den sozialen Zusammenhalt zu sichern und Klimaziele zu erreichen, muss die Politik einen klugen, sozial gerechten und wirtschaftlich tragfähigen Kurs einschlagen. Ein Paradigmenwechsel hin zu effizienteren, praxistauglichen Maßnahmen bei Neubau und Sanierung ist unverzichtbar.
Sozialer Zusammenhalt in Gefahr
Der soziale Zusammenhalt in Deutschland ist in Gefahr. Diese Realität spüren die Menschen tagtäglich in Form einer zunehmend als „aufgeheizt“ wahrgenommenen Stimmung. In vielen Bereichen des gesellschaftlichen Diskurses, aber auch im privaten Umfeld spitzen sich vertretene Positionen ebenso wie die Sprache, mit der sie vorgetragen werden, zu. Ob von Polarisierung der Gesellschaft oder sozialer Spaltung und damit einhergehender Verrohung der Sprache die Rede ist – die Ursache dieser Entwicklung liegt in einem entscheidenden Faktor begründet: Die Menschen sind angesichts einer sich immer schneller verändernden Welt, die klare und zusichernde politische Antworten erfordert, verunsichert.
In einem zentralen Lebensbereich kristallisieren sich die Ängste und Sorgen der Menschen dabei ganz besonders heraus: beim Wohnen. Wenn die Leistbarkeit der Wohnung auf dem Spiel steht und wenn kaum noch neuer Wohnraum entsteht, dann sind tiefe Verunsicherung und politischer Vertrauensverlust die unausweichliche Folge. Der dringende Handlungsbedarf bei der häufig als „soziale Frage unserer Zeit“ bezeichneten Wohnkrise ist seit Jahren klar – doch durchgreifende politische Lösungen bleiben Fehlanzeige.
Die soziale Frage unserer Zeit
Die Menschen in unserem Land fragen sich, auf welchem Weg und mit welchen Mitteln Deutschland ein wirtschaftlich erfolgreiches und sozial gerechtes Land bleiben kann. Diese Antworten ist die Politik ihnen schuldig. Dafür haben die Menschen ihre politischen Interessensvertreter gewählt.Sowohl für die sozial orientierten Wohnungsunternehmen als auch für die Mieterinnen und Mieter – und damit fast zwei Drittel der Haushalte in Deutschland – spitzt sich die Lage immer weiter zu. Der klima- und altersgerechte Umbau der bestehenden Wohnungen sowie die Bekämpfung des Wohnungsmangels durch Neubau müssen bewältigt werden. Doch während Kosten und Vorgaben steigen, befinden sich die notwendige Sanierung des Wohnungsbestands und der Bau neuer Wohnungen im Sinkflug. In der nächsten Legislaturperiode brauchen wir Antworten.
Klare Wohnstrategie notwendig
Die beschriebene kritische Entwicklung rund um das Thema Wohnen und den sozialen Zusammenhalt belegt unmissverständlich, dass die politischen Bemühungen der vergangenen Jahre bei Weitem nicht ausreichen. Deutschland braucht eine glasklare Wohnstrategie, auf die alle relevanten Ressorts in Bund, Ländern und Kommunen einzahlen müssen. Diese bundesweite Wohnstrategie sollte drei zentrale Schwerpunkte umsetzen:
Im Wohnungsbestand muss erstens die notwendige klima- und altersgerechte sowie digitale Transformation bezahlbar umsetzbar werden.Zweitens muss wieder bezahlbarer Wohnungsneubau in dem erforderlichen Umfang ermöglicht werden. Und mit Blick auf die Finanzierung müssen drittens diese hohen Investitionen realisierbar gemacht werden. Das heißt, die Baukosten müssen runter, die Standards dürfen nicht weiter erhöht, Genehmigungsverfahren müssen beschleunigt werden und für das bezahlbare Segment brauchen wir ausreichend Förderung.
Entscheidende Stellschrauben: Wirtschaftlichkeit, bestes Kosten-Nutzen-Verhältnis, Einkommensniveau
Die entscheidenden Stellschrauben der Wohnstrategie, die wir zur Bundestagswahl 2025 vorlegen, sind: Bauen und Umbauen müssen erstens wieder wirtschaftlich umsetzbar gemacht werden – also weg von einseitig immer höheren Anforderungen, hin zum Grundsatz: Das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis muss entscheiden. Und die Unterstützung der Mieterhaushalte beim Wohnen angesichts der hohen Kosten der notwendigen klima- und altersgerechten Transformation muss sich sowohl in puncto Regulierung, wie beispielsweise der Mietpreisbremse, als auch bei der Verteilung von Fördermitteln nach deren Einkommen richten.
Der Bau von bezahlbarem Wohnraum ist überragendes öffentliches Interesse
Vor diesem Hintergrund ist dem Bau von gefördertem Wohnraum mit Mietobergrenzen in Gebieten mit Wohnraummangel ein überragendes öffentliches Interesse zuzuweisen. Solange die Wohnungsnot nicht beseitigt ist, muss der geförderte Wohnungsbau mit Mietobergrenzen als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen – also die Festlegung durch die Kommune, welche Bereiche wie Klimaschutz, Artenvielfalt, Wohnraumversorgung etc. prioritär zu behandeln sind – eingebracht werden. Das Baugesetzbuch muss letztlich so gestaltet werden, dass das Bauen von Wohnungen gegenüber anderen Belangen regelmäßig im Vordergrund steht. Deshalb ist eine Sonderregelung für den Wohnungsbau – konkret § 246e BauGB-E – zu begrüßen und muss schnellstmöglich vorangebracht werden.
Darüber hinaus ist es in der aktuellen Wohnungsbaukrise für das Entstehen von neuem, bezahlbarem Wohnraum und das Erreichen der Klimaziele von zentraler Bedeutung, dass das ohnehin schon sehr restriktive deutsche Mietrecht nicht noch weiter verschärft wird. Denn angesichts allseits stark gestiegener Preise muss die Investitionsfähigkeit der sozial orientierten Wohnungswirtschaft für die enormen Herausforderungen von Wohnungsmangel und Klimazielen unbedingt verbessert statt immer weiter eingeschränkt werden.
Kurswechsel in der Gebäude-Klimapolitik: Effizienz allein reicht nicht aus
Auch Wohnungsunternehmen können jeden Euro nur einmal ausgeben. Deshalb konzentrieren sich unsere Unternehmen als Bestandshalter primär auf die Transformation ihrer Bestände. Und hier befinden wir uns politisch aktuell auf einem Holzweg. Wir brauchen dringend einen Kurswechsel in der Gebäude-Klimapolitik.
Die historisch gewachsene Fokussierung des Ordnungsrechtes auf das Thema Energieeffizienz und Energieeinsparung aus der Zeit der Einsparung fossiler Energie ist mit Blick auf Klimaneutralität an der praktischen Wirklichkeit gescheitert. Das haben die Erfahrungen der Wohnungsunternehmen bei der Umsetzung der vergangenen Jahre gezeigt. Die gesetzlich geforderten und geförderten Maßnahmen sind ineffizient: Trotz Milliardeninvestitionen in den vergangenen Jahren in Gebäudedämmung und Haustechnik konnte der klimabereinigte Raumwärmeverbrauch pro Quadratmeter Wohnfläche nicht weiter signifikant reduziert werden. Einzelne Akteure im politischen Raum – beispielsweise die Bauministerkonferenz – verdeutlichen ebenso, dass wir dringend umsteuern und die Reduktion von CO2-Emissionen in den Vordergrund gesetzlicher Regulierung und Förderung rücken müssen. Nur so gelingt die Transformation des Immobilienbestandes – ökonomisch, ökologisch und sozial.
Blindes Hochschrauben der Gebäudeeffizienz beenden
Ein immer weiteres, letztlich unkontrolliertes Hochschrauben der Gebäudeeffizienz ist der unintelligenteste, weil teuerste Weg in Richtung Klimaziele. Seit Jahren wurden hier hunderte Milliarden Euro inklusive zig Milliarden an Subventionen ausgegeben, ohne dass sich der gewünschte Effekt mit Blick auf die Senkung des Energieverbrauchs im Gebäudebereich auch nur annähernd im gewünschten Ausmaß eingestellt hätte. Hier müssen unbedingt die Lehren aus den Fehlern der Vergangenheit gezogen werden. Denn allein in den 12 Jahren von 2010 bis Ende 2022 wurde in Deutschland die Unsumme von 545 Milliarden Euro in energetische Sanierungsmaßnahmen von Wohngebäuden gesteckt, ohne dass der Energieverbrauch durch Raumwärme pro Quadratmeter nach einem bereits erreichten Rückgang um ein Drittel zwischen 1990 und 2010 dann noch weiter gesunken wäre. Das haben Analysen von Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums und des Bundesumweltamtes spätestens seit 2020 deutlich gemacht – und die Wohnungswirtschaft weist seitdem mit Nachdruck auf diesen Missstand hin.
Die Daten zeigen unmissverständlich: Viel hilft nicht viel. Im Gegenteil! Viel Geld in die Gebäudesanierung zu stecken, ohne noch einen wirklich spürbaren Effekt zu erzielen, kommt letztlich dem Verbrennen von Geld gleich. Das ist obendrein noch schlecht fürs Klima, weil das Material für die Gebäudesanierung unter CO2-Ausstoß produziert, transportiert und verbaut werden muss. Kurzum: Die Energieeinsparung, die heute noch durch einen einseitigen Fokus aus Gebäudeeffizienz möglich ist, steht in keinem Verhältnis mehr zum Aufwand.
Kluge Mischung aus Effizienz mit Augenmaß, smarter Technik, grüner Energieversorgung ermöglichen
Die Initiative fünf führender Wissenschaftler für einen Paradigmenwechsel in der Klimapolitik im Gebäudesektor kommt deshalb genau zur rechten Zeit. Die Erkenntnisse machen unmissverständlich deutlich: Die politischen Rahmenbedingungen für die Energiewende im Gebäudebereich müssen konsequent auf einen Praxispfad mit Fokus auf die Reduzierung von CO2-Emissionen neu ausgerichtet werden.
Der Weg, den wir jetzt einschlagen müssen, ist günstiger für alle und viel besser fürs Klima: Er führt weg vom Gebäudeeffizienz-Fetisch, hin zu einer klugen, ausgewogenen Mischung aus Energieeinsparung mit Augenmaß und einem deutlichen Ausbau von digitaler Vermeidungstechnik zur Nutzerinterstützung. Dabei geht es um smarte, kostengünstige Geräte zur abgestimmten Wärmesteuerung in Wohnungen. Dazu gehört eine vernetzte, optimierte Anlagensteuerung und die Befreiung der Energieerzeugung von CO2 – Defossilisierung genannt. Diese einfache Kombination aus Bausteinen für eine wirklich smarte Energiewende werden sehr viel mehr Effekt bei der CO2-Einsparung bringen und sind bei Weitem nicht so kostenintensiv – also gut für den Geldbeutel und besser fürs Klima. Weder Eigentümer noch Mieter werden so überlastet, soziale Spaltung wird verhindert und wir können die Klimaziele auf effiziente Weise ansteuern.